OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter Die Aufgaben der Forschung mußten um so stärker in den Vordergrund treten, als gerade auf diesem Gebiet die österreichischen Hochschulen bis dahin versagt hatten. Die politischen Veränderungen, die Österreich in den folgenden Jahr¬ zehnten erfuhr, die innere Problematik, die das Verhältnis der Gesamtmonarchie zu ihren Teilen bestimmte, dies und manch andere Umstände, haben dazu bei¬ getragen, daß das Institut seine Erfolge und seine immer mehr steigende Be¬ deutung auf Gebieten errang, deren Pflege bei der Gründung wohl beabsichtigt, nicht aber als Mittelpunkt des Lehr- und Forschungsbetriebes gedacht war. Schon in seinen ersten Jahren hat das Institut neben der Ausbildung von Geschichtslehrern an den Universitäten und Rechtsakademien des damaligen Gro߬ österreich — man konnte schließlich österreichische Geschichte nicht gut von Aus¬ ländern, zu deren Berufung sich ansonsten Graf Thun in wahrhaftig großzügiger und vorurteilsfreier Weise entschloß, vortragen lassen — auch die Erziehung eines geeigneten Nachwuchses für Archive und Bibliotheken ins Auge gefaßt. Darum läßt sich die Geschichte des österreichischen Archivwesens der letzten Jahrzehnte auch einmal als der Wechsel von Generationen österreichischer Archivare betrachten und an bedeutenden Erscheinungen beleuchten. Als eine solche bedeutungsvolle Persönlichkeit, die eine Epoche österreichischen Archivwesens kennzeichnet, darf Ignaz Zibermayr gelten, der in den Jahren 1901 bis 1903 dem 24. Kurs des Instituts für österreichische Geschichtsforschung als ordentliches Mitglied angehörte. Einer der ersten Archivare, die im Institut für österreichische Geschichts¬ forschung herangebildet wurden, war der Niederösterreicher Josef Zahn, der zunächst noch ganz in der Richtung, die das Institut verfolgte, stand; er war Professor an der Rechtsakademie in Preßburg geworden und nur die politischen Verhältnisse, die Änderung der Lage in Ungarn, brachten es mit sich, daß er seine Stelle verlor und 1861 in den Dienst des Landes Steiermark als Vorstand des Joanneumsarchivs trat. Zahn ist die erste markante Gestalt eines öster¬ reichischen Archivars, der aus dem Institut hervorgegangen ist, der aus dem Bildungsgang, den er dort mitgemacht hatte, in Fortentwicklung der dort empfan¬ genen Lehren zunächst in Steiermark, dann aber auch darüber hinaus für das österreichische Archivwesen gewirkt hat. Die Grundlagen, die methodische Schulung wurden bei ihm — und das gilt in gleicher Weise auch von Zibermayr — im Institut gelegt. Viel entscheidender wurde aber in beiden Fällen, was diese Männer dann im Beruf, im Ringen mit den Erfordernissen und den Widrigkeiten des Alltags für das-Archivwesen der beiden Länder geleistet haben, daß sie durch ihre weithin leuchtende und an¬ erkannte Tätigkeit Vorbilder wurden für ihre Fachgenossen und schon dadurch, ganz abgesehen von bestimmender Einflußnahme in einzelnen Fällen, auf die Gestaltung und den Ausbau des österreichischen Archivwesens einwirken konnten. Es kam eben darauf an, die Lehren des Instituts nicht bloß in dem dort jeweils gepflegten Rahmen weiterzuführen, sondern selbständig und schöpferisch für neu¬ 134

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