OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter Außerdem gibt es im Spätneolithikum, ja zum Teil auch noch in der Bronzezeit des Donau- und Karpathenraumes Kulturelemente, die auf die donauländische Bevölkerung zurückzuführen sind (Menschen- und Tierplastiken, Tiergefäße, Fu߬ schalen). Das deutet darauf hin, daß die donauländische Bevölkerung keineswegs aufgerieben und verschwunden ist, sondern sicherlich weitergelebt und auf die Geisteshaltung der eingewanderten Nordleute sogar wesentlich eingewirkt hat 18). In jüngster Zeit, aber auch früher, wurde oft die Frage aufgeworfen, ob die Pfahlbauten überhaupt richtige Wassersiedlungen waren und nicht etwa bloß Landsiedlungen an den Ufern der Seen. Schon Reinerth hat sich in gewissem Sinn gegen die Pfahlbautheorie ausgesprochen und in neuerer Zeit lehnt der süddeutsche Forscher Oskar Paret Pfahlbauten überhaupt ab. Er sieht in ihnen Landsiedlungen an den Seeufern, denn die Wasserspiegel waren in der Trocken¬ periode der jüngeren Stein- und Bronzezeit viel niedriger als heute. Die Pfähle sind daher nichts anderes als die Stümpfe der Wand- und Dachpfosten der Häuser. Mit dem Steigen der Seespiegel nach 800 wurden die Siedlungen verlassen, allmählich vom Wasser überschwemmt und bis auf die Pfahlstümpfe gänzlich zerstört. Gegen diese Theorie sprechen verschiedene Gründe und besonders auf unsere oberösterreichischen Seen ist sie nicht anzuwenden. Hier muß vielmehr noch immer an der Pfahlbautheorie festgehalten werden. Denn die Erhaltung organischer Funde (Getreidekörner, Apfel usw.) ist nur unter dem Wasser im Seeschlamm möglich. Auch die große Zahl der unversehrt erhalten gebliebenen Tongefäße spricht in diesem Sinne. Diese und noch andere Beweise 19) können für die Existenz der Pfahlbausiedlungen in unseren Seen angeführt werden. Was aber konnte die Menschen bewogen haben, ihre Wohnungen auf Pfählen über dem Wasser zu errichten? Zunächst glaubte man, daß man sich durch diese Wohnform vor feindlichen Überfällen oder gar vor wilden Tieren schützen wollte. Doch standen die Pfahlbauten so nahe dem Ufer, daß sie unmöglich einen ge¬ nügenden Schutz gegen die Überfälle vom Lande her gewähren konnten. Auch den Fischfang, den die Pfahlbauleute jedenfalls eifrig betrieben, führte man als Grund an, doch braucht man, um im See zu fischen, nicht unbedingt über dem Wasser zu wohnen. Eher einleuchtend ist die Annahme, daß es sich bei dieser Siedlungsform um eine Eigenart handelt, die die Träger der Mondseekultur aus ihrer nordischen Heimat mitgebracht haben. Freilich sind aber unsere Kenntnisse über Pfahlbauten im Norden noch sehr gering. Schließlich können auch verkehrs¬ geographische Gründe für die Anlage der Pfahlbaudörfer angeführt werden. Dafür tritt besonders Leonhard Franz ein. Viele Gründe sprechen dafür, daß die Be¬ wohner der Pfahlbauten und der Landsiedlungen miteinander in Verbindung *8) J. Böhm, Zur Frage der Endphase der donauländischen Kultur, Altböhmen und Alt¬ mähren 1941 S. 37— 64. 22) K. Willvonseder, Neue Ergebnisse der Pfahlbauforschung in Österreich, Forschungen und Fortschritte 1935 S. 393 —394. 108

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2