OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter Doppelschüsseln, Krüge aus der weiteren Umgebung Steyrs, besonders aus Gmunden und Nieder¬ österreich, aber auch einige Steyrer Zwiebelschüsseln sind zur Schau gestellt. Eine Unzahl köstlich bemalter Schnapsfläschchen birgt das Depot, nur einige fanden Platz in der Schausammlung. Eine umfangreiche Sammlung von Apothekergefäßen aus der Steyrer Stadtapotheke ist in der stadtgeschichtlichen Abteilung aufgestellt. Von der Unzahl an Textilien konnte nur ein verschwindend kleiner Teil im Schauraum aufgestellt werden. Einige Ennstaler Trachtenstücke der Steyrer Gegend, aus dem 18. und 19. Jahrhundert, werden gezeigt, Halsbinden mit Tüchelringen, breite Ledergürtel mit Feder¬ kielornamentik, ein lodener Haftlrock, dann einige Frauenbekleidungsstücke, Röcke, Leibchen, Mieder, etliche Goldhauben, die bis ins 18. Jahrhundert zurückgehen, sodaß ihre Entwicklung bis zur endgiltigen „erstarrten“ Form aufgezeigt werden kann. Hieher gehören auch die be¬ rühmten Steyrer Borten mit ihen alten, ewig schönen Mustertypen: Lebensbaum, Doppeladler, Pfau, Hirsch. An Bauernmöbeln sind nur wenige Vertreter vorhanden; als Hauptstück ein Bauernbett mit Himmel mit der Jahreszahl 1691, ein dazugehöriger Kasten, eine oberösterreichische „Spreißl“ oder „Leistl"truhe, ein kleiner Bauerntisch mit Stühlen, das ganz seltene Stück einer Schneider¬ bank, ein Jahreszeitenkasten in schwerem Bauernbarock und eine sogenannte Stollentruhe aus dem Ennstale. Im letzten Raume ist das tausendfältige Leben des Volkes als „Brauchtum im Jahreslauf und als „Brauchtum im Lebenslauf“ noch einmal zusammengefaßt und dabei der Dämonen- und Aberglaube, die nun einmal als Schlingpflanzen an dem starken Baum des Volkslebens empor¬ wuchern, angedeutet. Lichtmeßwachsstöcke und das bemalte Osterei, die Passionsdarstellung, künst¬ lich in eine Flasche eingebaut, die Österfackel, leiten den Frühling ein; Arznei- und Kräuter¬ bücher sollen im kommenden Lebenskampfe helfen. Hinter einem Pfeiler recken zwei Exemplare einer Habergeiß ihre Hälse vor. Ein Fraisbrief und eine Fraisenuhr stehen dem Menschen zur Seite. Den Sommer bezeichnet die bunte Erntekrone. Der Herbst zeigt den Schmuck des Alm¬ viehs; die Schützenscheiben mit ihren tollen Sprüchen prangen an den Pfeilern. St. Leonhard der Eisenheilige und Viehpatron, gehört dazu. Es kommt der Winter: St. Nikolaus, Krampus in Gebildbrotform, Krippe und Weihnachtslieder. In zwei Schaukästen ist endlich der große Lebensbogen: Geburt, Hochzeit und Tod gegenständlich bezeichnet. Eine Prunkgodenschale, auf dem Deckel der Weisetkorb mit den Liebesgaben für die Wöchnerin, eine Kinderpuppe, in der Hochzeitsvitrine die Brautkrone, Brautschuhe, Sträußchen und Brautgürtel, Brauttaschentücher, seidene Halstücher; darüber mahnend die Versehlaterne, das Versehkreuz und die Totenkrone. Wie im 1. Stock ist auch hier eine Persönlichkeitenecke, die Gsöllpointner-Nische und der Schosser-Winkel, geschaffen, in der die Volkskunst aus ihrer Anonymität heraustritt. Johann Gsöllpointner, um die Wende 1900 gestorben, war Holzknecht in Brunnbach, einige Gehstunden von Steyr entfernt. Er gab zugleich den Kindern der Umgebung in seiner Hütte Unterricht. Die Geräte seines Bedarfs, Tintenzeug, Federschachtel, Wetzsteinkumpf u. a. schnitzte er sich selbst, schlicht und schön. Einiges ist hier aufbewahrt. Von Anton Schosser (1801 bis 1849), dem Volksdichter, sind einige Erinnerungen und handschriftliche Gedichte ausgestellt. Steyr ist ja der Druckort unzähliger Flugblätter. Weltliche und geistliche Lieder wanderten von da ins Land. Da ist das Lied vom Doktor Faust, die schöne Senderinn, Liebeslieder, Weihnachts¬ lieder liegen auf, Gespenstergeschichten, aber auch alte Volksbücher machten von Steyrischen Druckpressen aus ihren Weg. Das Heimathaus birgt auch einige seltene Musikinstrumente, darunter eine Bänkelsängerleier (eine Art Drehorgel), eine Doppelzither und eine Streichzither. Neben die Steyrer Drucker gehören die Steyrer Papierer. Ein Unzahl Druckstöcke (Holzstöcke) und viele Druckproben sind da. Steyr besaß auch eine Kattunfabrik. Eine Fülle von Stoffdruck¬ modeln erinnert an die Lebendigkeit auf diesem Erzeugungsgebiete. Die Lebzelter sind außer mit ein paar Lebzeltermodeln nur noch mit einigen kunstvollen Wachsstöcken vertreten. Durch den erfreulichen Entschluß des Stadtrates der Stadt Steyr, das Heimathaus wieder herzustellen, ist ein Menge alten Volksgutes gerettet worden. Zum lebendigen Besitz wird all

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