OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 1

Oberösterreichische Heimatblätter häuptel hinein. Diesen Vorgang nennt man „Krautsieden“. Aber schon nach un¬ gefähr zehn Minuten kommen die Häuptel wieder heraus und nun müssen sie „abgeseiht“ werden. Man legt zu diesem Zweck eine Anzahl Bretter über zwei Zimmerstöcke oder über einen eigenen Schragen, legt auf dieses Gestell die vorher abgebrühten Häuptel und läßt sie da abtropfen. Inzwischen wird im Kessel die zweite Partie Häuptel „gesotten“. Schließlich kommen alle so behandelten Häuptel in die Boding. Jeder Bauer besitzt seine eigene Boding in der Nähe der Heiz anlage. Nur der kleinere, oberirdische Teil dieser Bottiche ist sichtbar. Die senkrecht gestellten Föhren- oder Lärchenpfosten, aus denen sie gefügt sind, reichen nämlick 3-4 m in die Erde, bilden also einen Schacht. Die kreisförmige Bodenfläche von ungefährem Ausmaß eines Quadratmeters ist nicht gezimmert. Hier ist der bloße Erd- oder Flinsboden, der aber vor Einlagerung der Häuptel mit Stroh belegt wird. Am besten ist Stroh vom Kümmel; es gibt dem Kraut eine eigene Würze. Auf den Wiesen der Hochfläche wächst ja viel mehr Kümmel als in den tieferen Lagen. Nun muß eine Leiter in den Schacht hinabgelassen werden. Entweder läßt sich zu diesem Zweck das kleine Pultdach der Boding abheben oder es ist der Einstieg an der Vorderseite der Boding so groß, daß man durch ihn die Leiter hinablassen kann. Eine Person begibt sich auf den Grund des Schachtes, eine andere wirft die Häuptel hinunter. Sie müssen sorgfältig geschichtet werden, so daß keine zu großen Zwischenräume entstehen. Wenn auf solche Art die ganze Krauternte eingelagert ist, ist der Schacht noch nicht bis zur Höhe der Erdober¬ släche voll. Das ist auch gut so. Würde die Füllung höher reichen, bestünde die Gefahr des Einfrierens. Schließlich kommt über die eingelagerten Häuptel wieder eine Lage Stroh (Kümmelstroh), das mit Brettern abgedeckt und mit Steinen beschwert wird. Dies ist die Arbeit eines Tages. Am nächsten Tag kommt der zweite Bauer daran, am übernächsten der dritte. Weil man am ersten Tag zum Krautsieden mehr Holz braucht als an den folgenden, an denen die Heizanlage noch vom Vortag her durchwärmt ist, wird im kommenden Jahr in der Reihenfolge der Bauern gewechselt. Das derart behandelte und eingelagerte Kraut ist in solch einem altertüm¬ lichen Silo jahrelang haltbar. Oft ist, wenn die nächste Krauternte stattfindet, der Vorrat in der Boding noch nicht aufgebraucht. Dieser Nest kommt nun nicht erst heraus, sondern die neue Ernte wird einfach daraufgeschichtet. Nach erfolgter Einlagerung wird die Einstiegöffnung mit einem Türchen verschlossen. Von Zeit zu Zeit holt man eine gewisse Menge von Häupteln aus der Boding, schafft sie ins Wohnhaus und schneidet sie hier auf die bekannte Art mit dem Krautstock oder mit dem Krauthobel. Man gibt das geschnittene Kraut in ein kleines Schaff und hat nun für einige Wochen das Auslangen. Alle, die solches Brüh- oder Grubenkraut von Haus aus kennen oder auch nur einmal gekostet haben, versichern, daß es sehr schmackhaft sei.

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