OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 1

Pfeffer: Die Anfänge des ständigen Theaters in Linz mit seinem Programm, „wechselweis in aller Ehrbarkeit bestehende deutsche Schau¬ spiele“ aufzuführen, bereits den Kampf gegen die Stegreifposse und die italienische Oper aufgenommen 18). In Linz eröffnete er seine Unternehmung mit „Essex“, Auch die „Welt“ gibt ihm 1762 das Zeugnis, daß er in Linz schon lange regel¬ mäßig spiele. Müller brachte in Linz „die besten regelmäßigen Stücke in Gang“, ebenso pflegte Koberwein die neue Richtung und übernahm 1765 in sein Linzer Ensemble die Mitglieder und die Tradition der Gesellschaften Sebastianis und Brunians, der 1763 das regelmäßige Stück in Brünn eingeführt hatte. Vollends Stiebar und die Sozietät hatten den Kampf für das „gereinigte Schauspiel“ au ihre Fahnen geschrieben: „Das Vergnügen, welches die gesittete Welt bei der von allen unanständigen und ungereimten Possen nunmehr gereinigten Schaubühne empfindet", hatte 1774 die Vergrößerung der theatralischen Sozietät veranlaßt, damit sich das Linzer Publikum noch fernerhin bei dieser edlen wie angenehmen Unterhaltung ergötzen möge. Weidmann, der in Prag als Darsteller des „Lipperl größte Erfolge errungen hatte, feierte auch in Linz noch Triumphe als Bernardon¬ Darsteller und unterhielt die Linzer aufs köstlichste, stellte sich aber hier wie die meisten Großen der sterbenden Stegreifposse auf die neue Theaterrichtung um. Auch Tilly hatte bereits seit 1759 in verschiedenen Städten Böhmens die ersten regelmäßigen Schauspiele aufgeführt. Sein Schwiegersohn Maximilian Scholz, der wie Tilly aus der Schule Kurz-Bernardons kam und ein gefeierter Hans¬ wurstdarsteller war, legte in Linz den grünen Hut Hanswursts ab. Unter ihm entbrannte der seit 1761 glimmende Kampf um das regelmäßige Stück zu voller Heftigkeit. 1773 habe man, berichtet die Wiener „Realzeitung“ (1777) in Linz angefangen, das Extemporieren zu verlassen und sogenannte studierte Stücke auf das Theater zu bringen. „Herr Scholz ..... trug das meiste bei zu einem regelmäßigen Theater“. 1773 inszenierte Scholz, wohl als erste Klassiker-Auf¬ führung der Linzer Bühne, Lessings „Minna von Barnhelm“. Man rückte gleich¬ zeitig der alten, zwanglosen Unordnung im Zuschauerraum auf den Leib. Das laute Sprechen und Lachen und die beliebte gegenseitige Unterhaltung während des Spieles wurden abgeschafft, sehr zum Mißvergnügen des Publikums, das das Schauspielhaus oft weniger wegen der Stücke als wegen des geselligen Bei¬ sammenseins zu besuchen pflegte. In der Linzer Wochenschrift „Der Lachende“ (2. Band, 1777, S. 57, 276) kommt die ablehnende Haltung der Linzer gegen die neue Theaterordnung und den Spielplan deutlich zum Ausdruck. Ein Großteil des Publikums folgte nur zögernd dem neuen literarischen Programm und wollte sich von den gewohnten, volkstümlichen Hanswurststücken nicht trennen. Nach dem — wie wir gleich sehen werden, gewaltsamen —Abgang Scholz' kam es denn auch wieder zu einem Rückschlag. 1777 erhielt der aus der Kavaliers-Entreprise im Stadttheater ver¬ bannte Hanswurst sogar eine eigene Bühne: Johann Böckl aus Steyr errichtete in der Nähe des Stadttheaters ein Volkstheater, das „Sommertheater", in dem der 18) G. Bondi, Geschichte des Brünner deutschen Theaters 1600—1925 (Brünn 1924) S. 8. 35

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