OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter pseudacorus) und die in den Gärten gezogene Iris germanica nennt das Volk nach der Blütenform „Fledermäus“. Das Schilfrohr heißt nach seiner Verwendung beim Maurerhandwerk „Stukkatorrohr“. Die beiden Wasserlinsenarten (Lemna minor und Lemna trisulca) nennt man „Gänsera". Eigenartige Namen haben der hauptsächlich in Bauerngärten vorkommende Eisenhut und der Schwarzkümmel. Der Eisenhut wird „Täuberl im Nest“, der Schwarzkümmel „Gretl in der Staudn", „Braut in Haaren“ und „Jungfer in Grün“ genannt. Sehr häufig wird in Bauerngärten die grüne Nieswurz (Helleborus viridis) gepflanzt, die den Namen „Güllwurz" führt. Güllen bedeutet eine Art Schutzimpfung gegen Schweinerotlauf; die Ohrmuschel des Schweines wird durchstochen und ein Wurzelstück der grünen Nieswurz hindurchgesteckt. Fast in allen Gärten trifft man die Ringelblume (Calendula officinalis), die beim Landvolk „Totenbleaml“ genannt wird. Eine beliebte Gartenpflanze ist auch das Gartenleinkraut (Silene armeria), das wegen seiner leuchtenden Farben „brinnade Liab“ heißt. Eine von der Volksheilkunde seit jeher sehr geschätzte Pflanze ist die Hauswurz (Sempervivum tectorum), die mit mehreren Namen, „Fette Henne“, Dachrampfe“ oder auch „Gschwulstkraut“ belegt wird. Ab und zu begegnet man in der Eferdinger Gegend auch dem Essigbaum (Rhus typhina), der „Essigzepfn' genannt wird. Unter den Gewürzpflanzen führen der Thymian (Thymus officinalis) und die Gartensaturei (Saturea hortensis) den Namen „Boazkräutl“ von ihrer Verwendung zum Beizen des Fleisches. Dazu wird auch der Ysop (Hyssopus officinalis) verwendet, der „Ysumpf“ genannt wird. Besondere Namen führen auch zahlreiche Ackerkräuter. Alle gelbblühenden Kreuzblütler werden „Dilln“ oder „Trill“ genannt. Das Schöllkraut (Chelidonium majus) und die Zypressenwolfsmilch (Euphorbia cyparissias) heißen Warzenkraut, da ihr Milchsaft zum Vertreiben der Warzen angewendet wird. Mancherorts aber wird den Kindern aufgetragen, ja ihre Hände von diesen Pflanzen zu lassen, da ihr Saft einen Hautausschlag erzeugen soll; daher kommt ihr Name „Krätzen¬ kraut“. Das Hirtentäschchen (Capsella bursa pastoris) wird auch „Katzenschwanz genannt. Alle Chenopodienarten und die Melden heißen „Moldenstaudn“. Der krause Ampfer (Rumex crispus) hat den Namen „Altes Roß“. Der Geißfuß (Aegopodium podagraria) ist ein bekanntes Heilmittel bei Gicht und heißt des¬ halb auch Zipperleinkraut; in Eferding und im Mühlviertel hörte ich ihn „Erd¬ holler“ nennen. In Kleefeldern gedeiht als Unkraut gern das Ackerstiefmütterchen (Viola tricolor), wegen seiner Heilwirkung beim sogenannten „Vierziger“, einer Hautkrankheit der Kleinkinder „Dreifaltigkeitstee“ genannt; auch „Tag- und Nachtveigerl“ und „Freysamkraut“ sind gebräuchlich. Das aufgeblasene Leinkraut (Silene inflata) heißt „Taubenkropf“, „Schnalzerltee“ und „Schnalzerlkraut“. Die Karthäusernelke (Silene carthusianorum) heißt „Stoannagerl“, daneben auch „Feldnagerl“, „Bluatströpferl“ und „Bluatsnagerl“. Die Kornrade (Agrostema gilhago) nennen unsere Kinder „Uhrbleaml“, weil die langen Kelchblätter sich wie Uhrzeiger drehen lassen. 170

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