OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Moser: Die untere Enns als Hindernis und Grenze Hauptverkehrsrichtung ist aber doch die von O nach W, bzw. W nach O. In alter Zeit sind Donau und Alpenrand die Leitlinien, an die sich Wanderungen und Heerfahrten hielten 15). Die Verschmälerung des Vorlandes gegen O führt dazu, daß sich die Verkehrswege zu einem Bündel zusammen¬ schnüren. Südwärts ist bis zur nördlichen Talflucht der Ostalpen kein durch¬ laufender O-W-Weg mehr möglich. Daher ist der vom Alpenvorland gewiesene Weg wichtiger als die einzelnen N-S-Wege entlang den Tälern. Die Flüsse, welche den O-W-Weg des Alpenvorlandes queren, sind daher entschiedene Hindernisse; vom Ennsunterlaufe gilt dies in besonderem Maße. Denn kaum an einer Stelle liegen korrespondierende Ter¬ rassen unmittelbar als Ufer gegenüber. Es sind folgende Gesichts¬ punkte zu berücksichtigen: 1. An welchen Stellen des Ennsunterlaufes das Bedürfnis der Flußüber¬ schreitung am größten ist; 2. wie die Ufer beschaffen sind, und zwar: a) in bezug auf die Höhenlage der Terrassen, b) in bezug auf die Beschaffenheit der betreffenden Terrassenkörper. Den obgenannten historischen Leitlinien des O-W-Verkehrs entsprechen an den entscheidenden Ennsübergängen die alten Ennsfestungen Enns und Steyr. Der neuzeitliche Verkehr hat dem Weg an der Stadt Enns vorbei den Vorzug gegeben. Die Lage von Linz als Landeshauptstadt, die Nähe der Donau, die Möglichkeit, bei Ebelsberg ohne Steigung im Niveau der Niederterrasse zwischen den Stromauen und dem Hügelland von St. Florian durchschlüpfen zu können, hat Reichsstraße und Westbahn bei der Stadt Enns vorbeigeführt, wiewohl ohne deren Kleinstadtcharakter zu stören 16). Dann führt bis Steyr keine Straße oder Bahn mit einer Brücke über die Enns 17). Rein lokalen Bedürfnissen entsprechen Fähren, wie bei Kronstorf und Haidershofen. Aber auch die Ennsüberbrückung in Steyr hat bloß sekundäre Bedeutung. Sie liegt in erster Linie im Dienste eines Uferwechsels der S-N-Straße aus dem Ennstal (Eisenstraße), die, bis Steyr auf dem rechten Ennsufer laufend, hier auf das linke, oberösterreichisch bleibende Ufer übersetzt; auf dem rechten Ufer weiterführend geriete sie auf niederöster¬ reichisches Gebiet. Das scheint nebensächlich zu sein, wird aber als Ursache des Uferwechsels der Straße historisch begreiflich, wenn man sich erinnert, daß dieser Unterlauf in römischer Zeit Provinzgrenze, dann bairische Stammesgrenze war 18). Aus dem Steyrtal von W her lief und läuft ebenso ein Straßenzug, wie aus O, von Seitenstetten (Wachtberg) und von Haag in N.-H. (Plenklberg) her. Es sind 15) A. Moser, Steyr, die alte Eisenstadt. Zeitschrift für Geopolitik 1928, Heft 3. 16) N. Krebs, a. a. O., Bd 2 S. 370. 1) Die ehedem geplante Reichsautobahn hätte auch bei Enns den Fluß überqueren sollen; die neue Überschreitungsmöglichkeit bei Ernsthofen entstand mit der Errichtung des Kraftwerkes, nicht im Dienst eines den Fluß hier querenden Straßenzuges. 18) Vgl. unten Anm. 34, 36. 101

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