OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter der Zwang gemildert. „Die Bande sind elastischer geworden, aber sie bestehen dennoch weiter“ 50). Das Terrassenland zu beiden Seiten des Ennsunterlaufes hat Eigenschaften, die sich unter gegebenen Umständen als starkes Hindernis, besonders für Bewegungen in der Ost-West-Richtung erweisen. Die das öster¬ reichische Alpenvorland querenden Flußtäler sind geopolitisch empfindlich reagie¬ rende Linien. Solange die Kräfte, die den durchlaufenden Verkehr bedingen, gleich stark sind, tritt der Hindernischarakter mehr und mehr zurück; von beiden Seiten her besteht die Tendenz der möglichst glatten Überwindung des Hindernisses. So¬ wie aber auf einer Seite ein Bewegungsüberschuß entsteht, bzw. auf der anderen Seite die Tendenz der Bewegungshemmung, treten die natürlichen Hindernisse in Wirksamkeit. Unter ihnen weist das untere Ennstal eine besondere Eignung auf. Soweit allenfalls die geopolitische Wahrnehmung. Sie ist aber nicht Zweck dieses Aufsatzes. Dieser steht vielmehr in landschaftskundlichem Dienste. Denn die landschaftskundliche Kennzeichnung des unteren Ennstales ist mit der Zu¬ sammenfassung des Bildes, wie sie oben versucht wurde, keineswegs erschöpft Bei aller Gedrängtheit trifft N. Krebs den Wesenskern weit besser als Diwald 51 „Nur der heutige Flußlauf hat die Niederterrassenschotter noch nicht durchsägt und bekommt deshalb von Steyr abwärts keinen oberirdischen Zufluß mehr. Steile Wände umsäumen das cannonartig gestaltete Tal. Bahnen und Straßen folgen den benachbarten Schotterterrassen, deren unterste infolge des steinigen Bodens noch bedeutende Reste des altberühmten Ennswaldes trägt“ 52). Dieser Enns¬ wald, z. B. der Herzograderwald zwischen St. Valentin und Ernsthofen, ist der alte Grenzwald. Das Landschaftsbild an der unteren Enns entbehrt besonderer, oder doch besonders in die Augen springender Reize. Auf den glatten Terrassenfluren ver¬ mag allenfalls das an Föhntagen greifbar nahe scheinende Gebirge den Blick zu fesseln. Über den stillen Wäldern liegt kaum ein Teil der Waldromantik selbst der sanften Flyschvorberge. Aber auf hohem Terrassenrande läßt sich's gut ins Tal hinunterträumen, um so besser, wenn das Wissen um geschichtliches Walten über bloße lyrische Stimmung hinausführt. Nicht bloß das Terrassengelände, sondern auch der geschichtliche Inhalt, wie beides in Grund- und Aufriß der Städte Enns und Steyr den schönen baulichen Ausdruck findet, gibt dieser Landschaft ihr individuelles Gepräge, auch dort, wo die geschichtlichen Spuren erloschen sind. H. Spethmann hat solches für eine ganz andere Landschaft - zu bestreiten gesucht 53). Man kann sich schwerlich solcher Auffassung anschließen und nähme auch einer Landschaft, wie oben gezeigt, einen integrierenden Teil ihres wesent¬ lichen Inhaltes. 50) N. Krebs, Die Verbreitung des Menschen auf der Erdoberfläche, Leipzig-Berlin 1921, Seite 13. 51) siehe oben Anm. 6. 52) N. Krebs, Ostalpen, Bd 2, S. 370. 53) H. Spethmann, Dynamische Länderkunde, Breslau 1928, S. 30 ff. 108

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