OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 1

Braunschmid: St. Leonhard, Die Wandmalereien Die Gestalt ist von einem weiten roten Mantel umgeben, den links und rechts zwei Engel auffangen und über dem Fensterbogen auseinanderhalten. Die Leibung des Fensters ist mit einem grünen Ornament bemalt, die Wand unterhalb der Figur zieren ein Frauenkopf, vielleicht die Frau des Stifters der Kirche, und ein Bischof, ein offenes Buch hinhaltend. Nach unten schließt ein etwa einen Meter breites Schachbrettmuster die halbe Chorwand ab. Der Weltenrichter hat als Beisitzer die zwölf Apostel. Sie verteilen sich in Gruppen zu je drei über den zwei barockisierten Chorfenstern und an den zwei gegenüberliegenden oberen Chorwänden und sind in Dreiviertel-Figur dargestellt, in weite verschiedenfarbige Mäntel gehüllt, in der einen Hand ihr Marterwerkzeug haltend, in der anderen oft noch halb hinter dem Mantel ein Buch. An den Chor¬ fenstern sind außer dem Würfelmuster noch zwei Bischöfe abgebildet, der eine un¬ bekannt, der andere Erasmus mit den Marterpfriemen an den Fingern. Besonders sorgfältig gemalt und auch größer ist die Apostelgruppe auf der Evangelienseit mit Petrus, Andreas und Paulus (Abb. 1, 2). Unterhalb dieser Gruppe befindet sich auf breiter Wand im grünen wallenden Mantel, auf der Mondsichel stehend, die Muttergottes im Strahlenkranz. Ihr Haupt ziert die Krone. In der Linken trägt sie das Zepter, in der Rechten hält sie das göttliche Kind, das ein Händchen um den Hals der Mutter legt und mit dem andern im Kopfschleier spielt. Die Königin steht auf der nach unten zu einem großen, sehr charakteristischen Gesicht sich formenden Mondsichel, die noch halb vom faltenreichen Mantel zugedeckt wird (vielleicht die Züge des Malers). Als Begleiterinnen sind der Muttergottes die beiden Martyrerjungfrauen Katharina und Barbara zur Seite gegeben, beide mit Kronen auf dem Haupte, Rad und Turm neben sich. Eine wundersame Feier¬ lichkeit strahlt von dieser Gruppe aus. Die Frauen sind als Zeugen beim Gericht anwesend (Abb. 1, 3). An der anschließenden Wand, auch unterhalb einer Apostelgruppe, ist St. Michael als Seelenwäger dargestellt; er ist der Vollzieher des Gerichtes. Im Dienstkleid der Dalmatik, mit mächtig ausladenden Flügeln, hält er in der linken Hand die Waage, in der rechten schwingt er ein Schwert. In der einen Waagschale sitzt in bittender Haltung die arme Seele, in der andern liegt ein prallgefüllter Geldsack an den sich mit aller Kraft ein gehörnter und geschwänzter Teufel hängt, um das Gericht noch zu seinen Gunsten zu entscheiden, was ihm aber anscheinend nicht mehr gelingt. Am äußersten rechten Ende des Bildes schießen drei Strafpfeile in den Abgrund — der Seele können sie nichts mehr anhaben (Abb. 5). Vier Köpfe befinden sich als Träger der bemalten Wandbogen in den Gewölbezwickeln. Stellen vielleicht diese Köpfe, die jetzt als tragende Elemente dienen müssen, die über¬ wunde Irrlehre dar? Hatte so der Maler den Richter, die Mitrichter, die Zeugen bei Gericht und den Vollzieher des Gerichtes dargestellt, so läßt er nun den Richter die Seele darauf hinweisen, was er für sie getan hat. „Mein Erlösungswerk“, Anfang und Ende, Ölberg und Kreuzigung. Beide Szenen sind an den großen Wandflächen

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