OÖ. Heimatblätter 1947, 1. Jahrgang, Heft 1

reichische Heimatblätten Duerüt St. Leonhard bei Pucking Die Wandmalereien Von Pfarrer Karl Braunschmid (Pucking) Zu den Leonhardi-Heiligtümern Oberösterreichs, die durch ihren Kunstbesitz und ihre volkskundliche Überlieferung besonders bemerkenswert sind, ist St. Leon¬ hard bei Pucking gekommen, das durch die Aufdeckung seiner mittelalterlichen Kirchenausmalung im Sommer 1946 aus seiner Stille und Verborgenheit zu hoher Bedeutung unter den Kunststätten des Landes emporgestiegen ist. Bei den Vorbereitungsarbeiten zu einer Neufärbelung der Kirche stießen am Tage vor Christi Himmelfahrt, dem 29. Mai 1946, Gerüstarbeiter mit einem Balken an die linke Seitenwand des Kirchenschiffes. Es löste sich eine mehrfache Kalkschicht und darunter kamen satte Farben zum Vorschein. Diese überraschende Entdeckung bestätigte die schon 1907 aufgetauchte Vermutung, daß unter späteren Kirchenausmalung verborgen sein könnten. Übermalungen Reste einer alten bloßgelegt, der Stierkopf des Evangelisten¬ Damals wurde ein „Widderkopf“ medaillons des hl. Lukas. Weitere Nachforschungen unterblieben. Diesmal er gaben sofort angestellte Untersuchungen das Vorhandensein ausgedehnten Fresken¬ schmuckes. Durch drei Monate wurde in mühsamster Arbeit das gesamte Kirchen¬ innere bloßgelegt und die teilweise siebenfache Kalkschicht abgenommen. Nund dreihundert Quadratmeter wurden auf diese Weise mit Spachteln, Holzhammerln und Federmessern freigelegt. Es kamen an die fünfzig Figuren zum Vorschein, darunter acht Medaillons an der Decke. Das Gewölbe ist mit drei- bis viertausend Sternen übersät, sämtliche Rippen sind in bunten Farben mit etwa zweihundert Mustern, keines gleich dem andern, bemalt. Akademischer Maler Daringer hat mit vier Fachkräften, Professor Dallinger, Maler v. Visokorsky, akademischer Maler Prohaska und Maler Pasternik die Fresken restauriert. In zwölfwöchiger Arbeit wurden kleine Fehlstellen vorsichtig ausgetupft, sonst aber alles gelassen, wie es zum Vorschein kam. Die Malerei wirkt in der ursprünglichen Frische und Farben¬ reudigkeit. Nach der Anschauung des Bundesdenkmalpflegers Dr. Okto Demus (Wien) liegt den Bildern eine tiefe Symbolik und echt mittelalterliche Religiosität zu¬ grunde. Es handelt sich um eine Gerichtsszene, der fromme Wallfahrer erlebt sein eigenes Gericht in dieser Kirche. Hinter dem barocken Hochaltar über einem jetzt vermauerten gotischen Fenster thront Christus, der Richter (Abb. 1). Das edelgeformte Gesicht umrahmt blondes Haar. Der Körper ist bis zur Brust sichtbar, sonst vom Fensterbogen verdeckt, die erhobene segnende Rechte vom Wundmal durchbohrt, die Linke nach unten weisend. 38

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