Grüne Bürgerzeitung, Nummer 2, Mai 1986

GRUNE BURGERINFOH!',1ATION 3 Bäume und Bürger sterben stumm und dumm Dumm sterben lassen war schon immer die Einstellung der Obrigkeit den Untertanen gegenüber. Daran hat sich noch nicht viel geändert. Auch in Steyr werden Bürger vor vollendete Tatsachen gestellt, gib's kaum Mitbestimmungsrecht bei Bauvorhaben, wird geplant und betoniert, was sich Politiker und Firmenchefs untereinander ausschnapsen. Doch siehe da: Es wächst in unserer Stadt der Unmut gegen die Bevormundung - nicht nur in Sachen Wehrgraben. Es sprießt der Widerstand. Es wollen die Bürger nicht länger dumm sterben und zusehen müssen, wie Natur und Bäume stumm sterben. In Münichholz wehren sich die Bewohner der Wörndlplatz-Häuser gegen die Schlägerung eines Wäldchens. Die GAL unterstützt die Forderungen der Bürgerinitiative. Aus Zeitungsmeldungen ist der Fall ja bekannt: Die WAG verkaufte das Grundstück zwischen Buchholzerstraße und Wörndlplatz. Sechs Siedlungshäuser sollen errichtet werden, das Wäldchen auf dem brach liegenden Areal (früher an die Firma Töpel verpachtet) muß verschwinden. Die Wörndler laufen dagegen Sturm. Sie fürchten, daß die Straße vor ihren Schlafzimmerfenstern zu einem Parkplatz wird und es dann vorbei ist mit der Ruh. Am 10. April machten sie bei einem Protestge- spräch in der Mehrzweckhalle Münichholz ihrem Ärger Luft. Hundert Wörndlplatz-Be- wohner (vorwiegend ältere Menschen und Ar- beiter) waren gekommen. Für sie schilderte Herr Zelenka wie Bürger verschaukelt werden: Anfrage beim Magistrat, nachdem das Vorhaben bekannt geworden war: WIR sind nicht zuständig, es gibt einen rechts- kräftigen Verbauungsplan aus dem Jahr 1964, daran müssen wir uns halten. Zuständig ist die WAG, der gehört der Grund. Anfrage bei WAG-Direktor Mayerhofer: WIR sind nicht zuständig. Es gibt einen rechtskräftigen Verbauungsplan beim Magistrat, wir haben nur die Gründe verkauft. Anfrage beim Magistrat: . Wir können da nichts machen, die Gründe sincl verkauft. Höchstens über die Straße können wir reden. Es gibt ja viele Möglichkeiten: Einbahnen, Halteverbote, Bodenmarkierungen, ... Die Wörndler sind empört: "Wir fühlen uns gefoppt und im Kreis gereicht. Wir haben das Recht auf gesunde Luft, ruhigen Schlaf und die Möglichkeit, im Grünen zu sitzen." Ihre Forderungen sind keineswegs utopisch, sondern bei einigem guten Willen ganz leicht realisierbar: Ein fünf Meter breiter Grüngürtel vor der Hausfront und folglich eine Verlegung der Straße. Ganz Münichholz ist so gebaut, auch der Wörndlplatz war ursprünglich derart geplant. Was sagt die Obrigkeit dazu? Vizebürger- meister Wippersberger, dem die Anliegen der Münichholzer ja ein besonderes Anliegen sein müßte: Es ist alles verkauft. Es gibt rechtlich keine Möglichkeit. Wir reden nur über die Straße vor euren Fenstern, das Wäldchen wird geschlägert. Die Wörndler bekamen zu spüren, daß Politiker stark und mächtig sind und gegen Baum und Mensch siegen. Eine ältere Frau, sie ist behindert durch einen amputierten Arm, trat bei der Versammlung vor: "Ich habe meine Kindheit in diesem Wäldchen verbracht, es war das Eldorado meiner Jugend und es ist ietzt der Glanz meiner alten Tage. DasWäldchen ist mit mir groß geworden und muß jetzt wegen einer Handvoll Geld sterben?", fragte sie. Sie wurde nicht gehört, ging zu ihrem Platz zurück und zitterte, die Machtlosigkeit war ihr an den Augen abzulesen. Doch machtlos sind die Wörndler nicht. Sie sind sich einig. Sie haben eine Unterschriften- liste abgegeben und werden weiterkämpfen. Sie haben das Re~ht, über die Vorgänge in ihrer Umgebung informiert zu werden, bevor es zu spät ist. Sie beharren auf dem Grünstreifen vor dem Haus und ihre Wünsche gehen sogar noch darüber hinaus: Der Wald soll zur Gänze erhalten bleiben, das Grundstück eine Fest- und Spielwiese werden. Mit einer Wohnstraße - wie vorgeschlagen wollen sie sich nicht abspeisen lassen. Die Wörndler haben bei ihrem Aufstand gegen die Bürokratie Unterstützung. Eine kleine von der GAL (wir stellen nur einen von 36 Gemeinderäten), eine große von den vielen Münichholzern denen es vielleicht bald ähnlich ergehen könnte. Es gibt noch viele freie Flächen die verbaut, noch viele Schrebergärten auf denen Häuser errichtet werden könnten. Im Amtsblatt war ja zu lesen, daß an der Sebekstraße Wohnblöcke geplant sind. Der nächste Anschlag ist also im Kommen.

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