Führer durch das Chorherrnstift St. Florian

))ie letzten hundert Jahre brachten hinsichtlich der Existenzgrundlage des Stiftes wesentliche Änderungen und stellten es auf eine harte Probe. Das Stift war bis dahin in seinen Einnahmen hauptsächlich auf die Gefälle der Untertanen und den Zehent angewiesen. Diese Einnahmen betrugen unge fä hr 57.000 fl., denen Verwaltungskosten in der Höhe von 17.000 fl. gegenüberstanden. Durch die Grundentlastung im Jahre 1848 trat hier eine vollständige Änderung ein. Die Gefälle und der Zehent fielen weg, es bli eb aber immerhin noch der Ertrag der Grundentlastungsrente von 37.750 fl. Die Geldentwertung nach dem ersten Weltkriege machte auch diese Renteneinnahme völlig zunkhte. Das Stift mußte dennoch die Lasten für die See lso rge in den inkorporierten Pfarren tragen, denn auch diese warfen fü r das Stift nichts ab, sondern waren im Laufe der Zeit durch die staatlichen Gesetze zu einer finanziellen Last geworden. In diesen Jahren war das Stift sogar gezwun~en, Kunstschätze zu verkaufen , um seinen dringendsten Aufgaben und Verpflichtungen nachkommen zu können. Di e re ichsdeutsche Steuergesetzgebung in den Jahren nach 1938 drohte schließlich dem Hause als Wirtschaftskörper vollends das Ende zu bereiten. Da wurde am 21. Jänner 1941 das Stift von der Gehe! men Staatspolizei beschlagnahmt, die Chorherren , selbst di e Seelsorger der Stiftspfarre, mußten am 10. 4. das Haus ver lassen, und das Stift wurde samt allen seinen Besi tzu ngen zugunsten des Reichsgaues Oberdonau enteignet. Propst Dr. Vinzenz Hartl wurde landesverwiesen. Di e Chorherren und Kleriker, soweit sie nicht in der Pfarrsee lsorge Platz fanden oder zum Wehrdienst eingezogen wurden , erhielten im Meierhof Pulgarn ein bescheidenes Asyl, wo sie trotz aller Hindernisse das klösterliche Leben fortsetzen konnten. Den inkorporierten Pfarren kam zustatten, daß nunmehr das Stift für sie Anteile aus den neueingeführten Kirchenbeiträgen erhielt. Das Haus selbst ge riet durch die Enteignung in die Verwaltung des Reichsgaues Oberdonau . Es sollte zunächst ein Barockmuseum werden. Im Jahre 1942 wurde es jedoch an die Reichsrundfunkgesellschaft verpachtet. Außerdem waren das historische Forschungsinstitut des Reichsgaues Oberdonan und die Weinkellereien des Gaues hier untergebracht. Am Ende des Krieges wurde hier noch ein Sanitätspa rk der deutschen Wehrmacht aufgerichtet, bis schließlich am 5. Mai 1945 die amerikanischen Truppen einzogen und mit dem Armeekommando im Stifte Quartier nahmen. Propst Dr. Vinzenz Hartl starb am 10. Juni 1944 in der Verbannung. Am Tage seiner Beerdigung im Priesterfriedhof in St. Florian wurde sein Nachfolger gewählt, Propst Leopold Hager. Ihm war es beschieden, mit einigen Chorherren am 24. Juni 1945 ins Stift zurückzukehren und das 18

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