Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

409 Anstieg begann mit der Besserung der Gesamtlage unter Rudolf. Die Erneuerung des Prälatenstandes, den Alexander a Lacu und Abt Burk- hart von Lambach zierten, bahnte einer allmählichen geistigen Um- wandlung der Klöster die Wege. Die Passauer Bistumssynode von 1576 rief noch den Protest des obderennsischen Prälatenstandes hervor, ihre Bestimmungen wurden für undurchführbar erklärt. Die „Reforma- tionsartikel" von 1590 für den obderennsischen Klerus setzten bereits feste Rechtsverhältnisse voraus. Löbls Amtsantritt und das Konkordat zwischen Passau und Wien eröffneten die eigentliche Ära der katholischen Erneuerung. Aus ört- lichen Aufruhrhandlungen der Bauern im Mühlviertel, die ihre Vor- läufer in den revolutionären Vorgängen im Garstnertal und im „Sier- ninger Handel" hatten, kam es zum Mühlviertler Kirchensturm, an dem sich der zweite Bauernaufstand 1594-1597 entzündete. Seine wich- tigste Auswirkung bildete die Rudolfinische Religionsreformation, die trotz hartnäckigster Gegenwehr der Landstände und trotz erbitterten Widerstandes des Volkes in den fünf folgenden Jahren durchgeführt wurde und mit dem Aufstande im Salzkammergut abschloß. Die Kenntnis der verschlungenen und teilweise schwer überblick- baren Entwicklung führt zu wichtigen E r g e b n i s s e n. An die Spitze gehört die Tatsache der G 1au b e n s s p a 1tu n g. Die mächtige, von Luther entfachte Bewegung zeitigte weder eine von den Schlacken der Jahrhunderte und von Mißbräuchen gereinigte katholische Kirche, die ihr ursprüng·lich vorschwebte, noch eine neue gemeinsame Form des Christentums, sondern die Glaubensspaltung. Die Tatsache der „spaltigen Religion" versetzte die Generation, die noch zur Zeit der Glaubenseinheit aufgewachsen war, in solche Bestürzung, daß in der Ferdinandeischen Epoche die Frage der Wiedervereinigung die Geister nachhaltig beschäftigte. Weniger die werdende als die gewordene Glaubensspaltung regte das Bewußtsein der Zeitgenossen auf, da ur- sprünglich die Überzeugung von der Notwendigkeit einer Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern Gemeingut war. Angesichts der immer weiter auseinanderklaffenden Gegensätze wurde aber der Ruf nach der Religionsvergleichung immer schwächer und verstummte end- lich im Getöse der Polemik. Die mit der Spaltung aufgewachsene Ge- schlechterfolge gewöhnte sich an die Tatsache zweier verschiedenen Formen des Christentums, umso mehr, als geg·en Ende des sechzehnten Jahrhunderts die Konfessionskarte Europas ein ziemlich festes Aus- sehen annahm. War die Einführung des Luthertums im Lande ob der Enns über- wiegend die Tat verschiedener Adelsgeschlechter und städtischer Fa- milien, so stellt sich seine Durchführung bis zur fast völligen Beherr- schung des Landes als das Werk der weltlichen Landstände her- aus. In der Landschaft finden wir nicht nur die lutherfreundlichen Herren, Ritter und Städte vertreten, sondern die Stände machten aus- gesprochene Religionspolitik. Nicht einfach die persönliche Überzeu- gung und das persönliche religiöse Bekenntnis der einzelnen Ständemit- glieder, sondern die stärkste Koppelung der religiösen mit den rein

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