Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

408 nochmals festgehalten, daß der obderennsische Adel keine eig·ene schriftliche Religionskonzession erhielt, sondern daß ihm die gleiche Behandlung· wie dem Adel Österreichs unter der Enns schriftlich zuge- sichert wurde. Unverkennbar spielte der Kampf um die staatsrechtliche Anerkennung des Landes ob der Enns als eines eigenen Erzherzogtums bei dieser Lösung eine maßgebende Rolle. Auf eine schriftliche „Asse- kuration" verzichteten die Stände, da sie die Vorbedingungen, be- sonders die Agende, nicht setzen wollten, für die Städte in diesem Do- kument eine gefährliche Bindung erblickten und von der Politik der freien Hand größere Vorteile erwarteten. Dieser grundsätzliche Stand- punkt, die Entschlossenheit zur Nichtbeachtung der gesetzlichen Schranken des Adelsprivilegs, führte mit innerer Notwendigkeit die Po- litik der Stände auf gefährliche Seitenwege und schließlich in den Ab- grund. Zwei Versuche, Rudolf II. auf die Religionspolitik seines Vor- gängers festzuleg·en, mißglückten. Der junge Kaiser wies den überfall anläßlich der Leichenüberführung Maximilians in Wilhering ebenso kühl zurück wie den Fußfall des gesamten Adels bei der Erbhuldig·ung 1578 ir.. Linz. Als erster Landeshauptmann erhielt Dietmar von Losenstein 1576 vom Hof eine Instruktion" 34 ). Die A C konnte in den ersten Re- gierungs jahren Rudolfs weitere mächtige Fortschritte machen, sodaß das Land ob der Enns 1576--1592 der erbländische Vorort des Pro- testantismus wurde. Der Verfall der katholischen Relig'ion im Lande ob der Enns läßt sich am deutlichsten an den Ergebnissen der Klostervi sitationen und an der Religionsveränderung in den Städten verfolgen. Er hatte bei der Regierungsübernahme durch Kaiser Rudolf seinen Tiefpunkt er- reicht. Der Zustand der katholischen Religion glich längere Zeit einem Schwerkranken, der zwischen Leben und Tod schwebt und sich nach Überwindung der Krisis ganz langsam aus tiefster Ermattung erholt. Das Hauptübel, ein wissenschaftlich, religiös und sittlich tiefstehender Klerus, war bei dem Mangel eines geordneten Priesternachwuchses und bei der Zersetzung der überkommenen Formen der Disziplin fast un- heilbar. Außerordentlich gefährlich wirkte sich die eigentümliche Lage des Landes ob der Enns aus . Der Bischof und der Offizial waren im Auslande. Di e hochstiftische Wirtschaftspolitik in Österreich ver- schärfte den natürlichen Anrainergegensatz zwischen Passau und dem Lande ob der Enns. Von den zwei Forderung·en, die Ferdinand I. zur Behebung der ärgsten Schäden für unerläßlich hielt, Priesterehe und Laienkelch, gestand Rom die zweite zu, doch blieben die erwarteten günstigen Wirkungen aus. Die notgedrungene Duldung der Zölibats- übertretungen reifte bei vielen die Anschauung von der Erlaubtbeit der Priesterehe aus. In den gefährlichsten Jahren erflossen zugunsten der katholischen Überlieferung nur Rechtsverwahrungen, Proteste und Pa- tente, die hauptsächlich dem Passauer Bischof zuzuschreiben sind. Ur- ban von Trenbach darf ohne Übertreibung als ein, wenn nicht als d e r Retter des Katholizismus im Lande ob der Enns bezeichnet werden. Der ' 34 ) Stieve F., Der oberösterreichische Bau ernaufstand, Bd. IP, S. 3.

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