Karl Eder - Glaubensspaltung und Landstände in Österreich ob der Enns

Quellenbericht. Die Arbeit war in der glücklichen Lage, für ihre eigentliche Auf- gabe aus einer ziemlich gleichmäßig· fließenden Quelle schöpfen zu können, aus den L an d t a g· s an n a 1e n. Diese Bände, die auf einen Landtagsbeschluß von 1571 zurückg·ehen, stellen eine Verbindung von Ropial- und Registerbüchern dar und sollten den praktischen Bedürf- nissen der Landstände und ihrer Kanzlei dienen 1 ) . Seit 1594 zweigen die B e s c h e i d b ü c h e r ab . Der erste Band der Annalen beginnt mit deIJ?, Jahre 1503. Bis 1602, der oberen Grenzlinie der vorliegenden Ar- beit, standen 32 mächtige Folianten zur Verfügung·. Ihr Ertrag für die religiöse Frage war ungleich. Für die ältere Zeit hatten die Schreiber auf die noch vorhandenen Akten zurückzugTeifen. Das Bild, das sich ergibt, ist keineswegs lückenlos und war vielfach aus Nebenquellen zu ergänzen. Die Religionsfrage tritt im Zeitalter Ferdinands I. in den Annalen vorwiegend als Gegenstand der Landtage und nur als solcher auf. Es galt die unter eine Fülle anderer Gegenstände eing·esprengten religiösen Forderung·en und Äußerungen zur konfessionellen Lage herauszulösen und sie bei sorgfältig·er Beachtung ihrer Herkunft zu- sammenzufügen. Das Ergebnis war eine Entwicklungslinie, deren Ver- lauf den Zusammenhang der Ereignisse im Lande ob der Enns mit den Hauptvorgängen in Deutschland - im entsprechenden Abstand ·- deutlich erkennen läßt. Besonders karg ist der Ertrag der Annalen nicht im Anfang der Glaubensspaltung, sondern vorzüglich um 1540 bis 1550. In diesen entscheidenden Jahren der öffentlichen Religions- änderung verstummt die parlamentarische Forderung der Religions- reformation und läßt den Taten den Vortritt. Je näher man der Ab- fassungszeit der Annalen kommt, desto reichlicher fließen die Quellen. Im Zeitalter Maximilians II. und in der ersten Zeit Rudolfs II. breitet sich das Material in einer Reichhaltigkeit aus, daß seine Bedeutung weit über die Landesgeschichte hinausreicht. Ein Stück allgemeiner öster- reichischer Geschichte enthüllt sich vor unseren Augen. Die Beziehun- gen der protestantischen Stände zu ihren Glaubensgenossen in Nieder- österreich und in Steiermark, die Intrigen und Fäden, welche die Höfe in Wien und Prag umspinnen und sich nach Deutschland fortsetzen, vor allem die führende Rolle des obderennsischen Adels innerhalb des österreichischen Protestantismus und die inneren Vorgänge unter den lutherischen Landständen selbst treten scharf hervor. Man g·ewahrt mit Staunen, welch maßg·ebende, ja entscheidende Rolle die Stände des Landes ob der Enns spielten. Die Koppelung der religiösen Frage mit den übrigen Zeitfragen, vor allem mit der finanziellen Bedrängnis des Hauses Habsburg durch die Türkengefahr, zwang zu genauer Be- rücksichtigung der· allgemeinen Geschichte und der österreichischen ') Zibermayr I. , Das o.-ö. Landesarchiv in Linz', S. 59 .

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