Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Unverkennbar ist, daß die Protestanten den rationalistischen, nicht geschichts- oder traditionsbezogenen Charakter dieser Konzeption vom Primat erkannten, was den Katholiken offenbar nicht einsichtig wurde. Auch das kanonistische Werk des Zisterziensers Robert Kuralt (Curalt) stellt einen Aufguß von Rauttenstrauch, Riegger und Eybel dar. über Kuralts Leben wissen wir sehr wenig; er stammte aus dem Kloster Sittich in Krain, wirkte offenbar eine Zeitlang in Wien und von 1784 bis 1811 als Kustos an der Universitätsbibliothek in Lemberg. Er schrieb ein recht konsequentes lateinisches Kirchenrechtshandbuch, dessen Methode allerdings nicht eben derart „neu" ist, wie es im Titel heißt 269 . Die von Klüpfel herausgegebene vorsichtig aufgeklärte Nova Bibliotheca ecclesiastica Friburgensis17 0 nennt als die Grundsätze, auf die der Autor aufbaue, folgende zwei: Die Schlüsselgewalt ist der Kirche von Christus unmittelbar gegeben worden, und: Die kirchliche Gewalt ist eine rein geistige. Auch die Allgemeine deutsche Bibliothek erkennt, daß Kuralt, verglichen mit anderen katholischen Theologen, nicht eben Neues lehre271 . Kuralts Werk wurde im Jahr nach seinem ersten Erscheinen vom Freimaurer Franz Anton Kreil (um 1757 - 1838) ins Deutsche übersetzt 272 und später, 1787, auch ins Italienische, wo es als offizielles Kirchenrechtskompendium in der Toskana Leopolds wirksam wurde2 73 . Das Problem der beiden Gewalten, das im josephinischen Denken so überspitzt zugunsten der staatlichen Gewalt gelöst wurde, stellte sich auch im gallikanischen Frankreich mit gleicher Schärfe wie bei einem Eybel, nur hatte man dort schon durch Generationen hindurch die Konfrontation mit ähnlichen Tendenzen gehabt: Was das Frankreich des ausgehenden 17. Jahrhunderts gedacht hatte, das war im Österreich der 177Oer-Jahre beinahe noch neuester Schrei, wenigstens, was die Breitenwirkung betrifft. Abbe Jean Pey (t 1797), Ehrenkanonikus von Paris-Notre-Dame, war als Kurialist ein Gegner des gallikanischen und somit auch des josephinischen Denkens274. 1781 veröffentlichte er vor allem gegen Hontheim 275 in vier starken Bänden sein Werk De l'autorite des deux puissances17 6, von dem ich vermute, daß es so etwas wie ein Arsenal romtreuer Kanonistik und Apolo169 Gen11ina toti11s Jurispmdentiae sacrae Principia, nova, concinna, facilique Methodo pertractata. Viennae, Typis ]osephi Nobilis de Kurzbeck . 1781. 401, 250+XIX S. 270 NBeF VI/4, 1783, S. 626 - 635. n1 AdB 57. Bd., 1784, S. 413 f. 172 Aechte Grundsätze der ganzen Kirchenrechts-Gelehrsamkeit . .. iibersetzt von A. Kreil. Wien: Joseph Edler v. K11rzbeck 1782. 523, 352 + XXI S. 273 M. A. Wittola, Neueste Beyträge ... 11/1, 1791, S. 24. 274 Nicht in 2LThK. Hurter V. 275 Cernitori, S. 120 f. 276 Straßburg. - StB St. Florian IX 2295 A. 93

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2