Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Die Rechte und Pflichten des Landesfürsten hinsichtlich seines Klerus sind natürlich maximalistisch beschrieben. Er dürfe „mit allen Amtsverwesern der Kirche, auch mit jenen, die unmittelbar zum Gottesdienste bestellet sind, so oft frey . .. schalten und walten, als es die Nothsumstände, und Bedürfnisse des Staates fodern, daß sie hierzu gebraucht werden müssen". Der Landesfürst muß für einen numerus clausus im Klerus sorgen, darf das Weihealter bestimmen, muß darauf bestehen, daß die Kleriker die erforderliche Ausbildung erhalten, muß diejenigen von Weihen und Beförderungen ausschließen, die dem Staat schädlich werden könnten, muß sich auch die Ernennung höherer kirchlicher Würden vorbehalten. Es obliegt ihm, ,,die Art, den Lebenswandel, die Regeln und Einrichtung jeder geistlichen Personen, Gesellschaften und Orden zu untersuchen, sie, wenn sie wider das Beßte des Staates seyn sollten, entweder zu verbessern, oder aufzuheben, oder, wenn ihre Menge schädlich ist, zu vermindern229 ." Ebenso denkt bald darauf auch der Grazer Kanonist Franz Xaver Gmeiner (1782)2 30 und die gegen die Orden und Klöster gerichtete josephinische Broschürenflut der 1780er-Jahre. Eybel wird auch später noch vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus argumentieren, die übergroße Zahl des Klerus schade dem Staate, ,,dem die zur Bestreitung seiner Bedürfnisse nöthigen Glieder geraubt werden." Auch der Religion sei mit allzuvielen Kirchendienern geschadet, ,,denn nebst dem, daß die Seltenheit die Hochachtung vermehret, nähret auch der Staat wenige Geistliche immer leichter und besser, als zu viele231 ." Und wenn Jesus zum jungen Mann sagt: Halte die Gebote, und dann folge mir nach, so heißt das nach Eybels Exegese: Halte zuerst die Gebote des Staates, und erst dann, wenn es diesem recht ist, magst du dich allenfalls dem Kirchendienst weihen232 . Der Klerus geriet im josephinischen Zeitalter durchaus in eine staatlich dirigierte Planstellenwirtschaft. Selbstverständlich findet es Eybel für richtig, daß die Kaiser einst die Päpste einsetzten233 und daß zu seiner Zeit die Landesherren die Bischöfe ernannten234 . Schließlich ist nach aufgeklärter Meinung die Kirche im Staate, und nicht der Staat in der Kirche. Am 26. April 1776 beschwerte sich Migazzi in einem an Hofrat Heinke gerichteten Schreiben über Eybels Ansichten über den päpstlichen Primat . 229 Einleitung II, S. 142. 230 F. X. Gmeiner, Beweis, daß die Ordensgelübde jener Orden , die der Landesfürst in seinen Staaten nicht mehr didden will, ohne vorhergehende Dispensation ihre Verbindlichkeit verlieren. Wien und Gräz 1782. 231 Einleitung II, S. 144. 232 Einleitung II, S. 147. 233 Einleitung II, S. 152 f. 234 Einleitung II, S. 153. 86

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