Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Kirche und Staat, Grundthema der Kanonistik dieser Zeit, war auch Grundthema in manchen diesem Problemkreis gewidmeten Schriften, von denen durch die Bedeutung ihrer Autoren etwa Thomas Joseph de Haidens (1739 - 1813) 285 und P. Beda Mayrs (1742 - 1794)286 Grundsätze zur Feststellung und Aufrechterhaltung der Eintracht zwischen der politischen und kirchlichen Macht in katholischen Staaten287 interessant sind. Wiewohl in Süddeutschland entstanden, mutet es fast wie eine klare, bündige Synopse der Lehren der josephinischen Kanonisten und Broschüristen an. Die geoffenbarte christliche Religion sei das kräftigste Mittel, den Endzweck der bürgerlichen Gesellschaft zu erreichen. Dieser bestehe darin, daß die zeitliche Glückseligkeit befördert und alles, was dieser schade, unterlassen werde. Die weltliche Macht habe nicht immer hinlängliche Mittel, die sie der Neigung der Menschen, ihre Pflichten zu verletzen, entgegen setzen könnte. Und doch sollte der Staat ein Mittel haben, welches an sich zureichend wäre, gesetzeswidrige, dem Staate schädliche Handlungen zu verhindern. ,,Dieses Mittel ist die wahre Religion" (S. 122) . Denn diese mache die Menschen tugendhaft, helfe ihm, seine Pflichten zu erfüllen, und davon hängt auch die Glückseligkeit eines Staates ab (S. 123). - Das sind Vernunftschlüsse, das ist nicht biblisch; das ist ödes Moralisieren! Auch bei Haiden und Mayr ist die Kirche restlos dem Staate unterworfen. Das Recht oder die Pflicht, die Kirche und den Glauben zu schützen, sei ein Majestätsrecht (Jus supremae advocatiae et tuitionis fidei). Da die Religion das kräftigste Mittel sei, die zeitliche Glückseligkeit des Staates zu befördern, habe der Landesfürst „das Recht, die Religion als ein Mittel zu gebrauchen". Da dieses „Mittel" durch Verfälschung der wahren Lehre unbrauchbar und untauglich für seine Zwecke werden könnte, habe er auch Freigeisterei, Irrlehren als wahre politische Verbrechen zu ahnden. Optimistisch meinen unsere Autoren, deshalb mache man den Fürsten noch nicht zum Richter in Glaubenssachen (S. 127 f.). Natürlich stützt auch dieses Buch den Absolutismus: Der Kirche stehe es niemals zu, den Landesfürsten an der Beförderung der zeitlichen Glückseligkeit seiner Staaten zu verhindern, und deshalb sei die Kirche nicht befugt, darüber zu urteilen, ob etwas dem zeitlichen Wohl des Staates nützlich sei oder nicht. Ihre Macht sei ja nur Mittel für das ewige Wohl der Gläubigen, und von Christus habe sie gar keine Gewalt empfangen, sich in zeitliche Dinge zu mengen - ,,oder unfehlbar darüber zu urtheilen" (S. 145 f.). Natürlich habe er 285 Zu Th. J. de Haiden vgl. Felders Intelligenzblatt 1814, Nr. III, S. 18 f. 286 LThK 2VII, Sp. 216. 287 Gmndsätze wr Feststellung und Aufrechterhaltung der Eintracht ... Ein Handbuch für Priester und Staatsmänner. (Motto : Reddite quae sunt Caesaris, Caesari; & quae sunt Dei, Deo). o.O. (= Augsburg; Rieger) 1785, (8)+319 S. 96

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