Manfred Brandl - Der Kanonist Joseph Valentin Eybel 1741-1805

Regent ein Recht auf die Verordnungen, welche die Kirchenzucht beträfen (S. 149), ist es ja ein Majestätsrecht des Regenten, ,,nachsehen zu därfen, daß weder einzelne Bürger, noch ganze besondere Gesellschaften etwas thun, das dem Staate schädlich seyn könnte" (S. 115). Noch immer wird ohne Frage massiv im Horizont des christlichen Staates gedacht, daß die Religion im Staate eine notwendige Funktion besitze und beide von Natur aus aufeinander angewiesen seien. Das ist das konservative, noch in die Vergangenheit weisende Element in dem Werk. Und so kann eine Kirchenlehre zustandekommen, wo die Kirche notwendig von Jer Prämisse Absoluter Staat ausgehend konzipiert wird. Wie antikurial der Zeitgeist an Wiens hoher Schule in den 1780er-Jahren wirkte, wie man sich regelrecht Aggressionen unter ermüdender Wiederholung ständig der gleichen Sätze, die gegen Rom gerichtet waren, abzureagieren schien, zeigt eine kirchenrechtliche Dissertation von 1785, die von Wenzl Grillparzer 288 stammt und zu Wittolas Verärgerung auch indiziert wurde 289 ; sie handelt von den Appellationen an den römischen Stuh!290, die rundweg abgelehnt werden. Die Appellationen seien ein angemaßtes römisches Recht. Der Primat gebe dem Papst zwar Rechte, die die Einheit in der Kirche betreffen, nicht aber auf die Gerichte der Bischöfe in den Provinzen, da dort ja keine Glaubensentscheidungen vorgenommen würden. Außerdem gehe dieses angemaßte Recht das Wesentliche der Religion gar nichts an. Eine genauere Kontrolle, ob er etwa von Eybel abgeschrieben habe, erübrigt sich bei der geringen Bedeutung des Büchleins und seiner unwissenschaftlichen Arbeitsweise. Selten sind Werke der Mitte, die einen Ausgleich zwischen antikurialen und kurialen Kirchenrechtsdenken versuchen, in den Jahren, da Eybel schrieb. Eines dieser Werke stammt von dem als Schriftsteller sonst nicht bekannten Joseph Gloetzge und behandelt die kirchliche Hierarchie 291 . Einerseits ist diese Schrift durchaus im Geschmack der süddeutschen Orthodoxie, andererseits ist auch das aufgeklärte Denken einflußreich: Barthel, Ickstadt, Amort, Schrodt, Zallwein, Thomassin, Fleury, Neller, van Espen, Riegger werden zitiert und belegen wieder einmal den besonders engen Zusammenhang von 288 1760 - 1809; Wurzbach XXXVI, S. 15; Portheim. 289 M. A. Wittola, Neueste Beyträge .. . II/1 , 1791, S. 23. 290 Von der Appellazion an den römischen Stuh l, von Wenzl Grillparzer, Zöglinge des gräfl. windhaag. Alumnats. Herausgegeben bei Gelegenheit seiner öffentlichen Vertheidigung beigefügter Sätze aus der ganzen Rechtswissenschaft wr Erlangung der Doktorswürde. Wien, mit von Baumeisterischen Schriften. 1785. (12)+21s+(tO) S. - StB St. Florian IX 2498. - Wolf Christoph Graf Oberacker, Vizepräs. des Reichshofrats, gewidmet. 291 ]osephi Gloetzge Tractatus de variis in Hierarchia Ecclesiastica Ordinibus. Superiorum Permissu. Augustae, in Officina Libraria Joseph -Wolffiana 1786. (6}+127 S. - StB St. Florian IX 2614; Kremsmünster BfA 81. 97

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