Vom Boom zum Bürgerkrieg

die Metapher „christliches Volk". Immer wieder wurde das Schreckgespenst eines kommunistischen Umsturzes thematisiert und auch visualisiert. Die Sozialdemokratie forcierte dagegen die Konfrontation Volk gegen die Reichen , durch konkrete Forderungen wie Sozialisierung der Großbetriebe sowie Besteuerung des „arbeitslosen Rieseneinkommens" und machten den Kapitalismus für das Elend pauschal verantwortlich. überdies versuchte sie sich als „die" Friedenspartei zu positionieren, gegen einen neuen Krieg. Die Deutschnationalen hingegen forcierten Xenophobie und betonten den Anschluss an Deutschland. Bemerkenswert ist , dass das „Wah lprogramm" der ersten „deutschen nationalsozialistischen Arbeiterpartei ", die in einigen Wahlkreisen kandidierte, bereits festgeschrieben war und Ende der 1920er und auch in den 1930er Jahren von den Grundbotschaften her unverändert blieb, obwohl die Führungsgruppen gewechselt hatten: ,, .. .demokratisch, freiheitlich und national , daher streng antisemitisch im Sinne der Bekämpfung des überwuchernden jüdischen Einflusses auf allen Gebieten des wirtschaftlichen, öffentlichen und kulturellen Lebens. Von der Sozialdemokratie", heißt es weiter, ,, trennt die Partei ihre streng völkische Gesinnung, ihre Ablehnung jeder Partei- oder Gewaltherrschaft und die Produktion gefährdender Umsturzbewegungen sowie ihre prinzi pielleAnerkennung des Privateigentums... ". Was zu Wahlerfolgen fehlte, war aber das geeignete politische Umfeld und die entsprechende Einbindung in den Erfolg der NSDAP Hitlers in Deutschland . Vorerst hatten die Wahlen der Sozialdemokratie einen Wahlerfolg gebracht, aber wie die folgenden Koalitionen und Wah lergebnisse zeigen, einefür die politische Kultur Österreich sign ifi kante Mehrheit in Richtung Mitte rechts festgeschrieben . Auch blieb die Sozialdemokratie in der Ersten und auch in der frühen zweiten Republik bei rund 40%Stimmenanteil stecken. Erst Bruno Kreiskys Wahlprogramm und strategisches Konzept erzie lte 1971 eine temporäre Änderung in Ri chtung einer knappen sozialdemokratischenMehrheit über 50% bis 1983 . MAW: Die Gemeinderatswahlen 1919 und der neu gewählte sozialdemokratische Bürgermeister Wokral brachten der Stadt Steyr eine politische Repräsentanz, die der gesellschaftlichen Zusammensetzung der Bevölkerung entsprach.Die wirtschaftliche Krise ließ die Stadt verarmen und brachte die Bevölkerung an ihre existenziellen Grenzen.Demokratie musste unter den ökonomisch härtesten und ungünstigsten Umständen gelebt werden. Streiks, Hungerkrawalle etc. prägten diese Zeit und kennzeichneten den sozialen Aufruhr. War Steyr widerspenstiger als andere Städte in Österreich und Europa? Rathkolb: Steyr war durch den relativ hohen Grad an Industrialisierung und durch eine politisch aktive Arbeiterbewegung geprägt und hatte dadurch auch eine stärkere Resistenzkapazität als vergleichbar große Städte . Generell gilt aber die Faustformel ,dass eine größere Arbeiterklasse 9

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