7. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1877

auf sie ihre volle Aufmerksamkeit richtet, und dass auf der elementarsten Bildungsstufe das Kind mit ihr bekannt gemacht wird. Auch die drei- und zweiklassigen Volksschulen sollen die Xaturlehre nicht ganz übersehen. Denn tagtäglich hat der gemeine Mann Gelegenheit. an jedem Fabrikorte, auf jedem grössern Oekonomiehofe, au jeder Eisenbahnstation Vorgänge zu be obachten, von denen er wenigstens einen allgemeinen Begriff besitzen muss. wenn er sich inmitten dieser Dinge nieht wie von magischen Zauberkreisen umtellt fhlen soll. as Barometer, das Thermometer, die Pumpen et sind Gegenstände, denen man überall begegnet und deren Einrichtung Jedermann verstehen sollte Aber abgesehen vom praktischen Xutzen, wie vieles wird ein zweckmässiger naturkundlicher Unterricht wirken können für Sinn. Verstand und Gemüth. für Weckung des ästhetischen und des sittlich-religiösen Gefühls: Das Gefhl des Erhabenen, die Freude am Sehönen, wo fiuden sie mehr Xahrung als in der Xatur? Von grosser Bedeutung ist endlich für den Elementarunterricht die mit dem naturkundlichen Unterricht verbundene l'ebung des Anschauunasvermgens. des tiedchtnisses und der l'hantasie, die Anleitung im genauen Beobachten und im Aufsuchen des Zusammenhanges zwischen Erscheinung und lrsache. — Die grndliche Beobachtung der Xatur aber ist eine Kunst. die. wenn sie nicht frih gelbt und das Interesse dafûr geweckt worden ist, im spätern Leben nicht erlernt und namentlich nie durch Bücher gewonnen werden kann. weil sie nicht eine rein gei-tige Thätigkeit ist, sondern vorzugsweise auf der Anwendung der Sinne beruht. Wer früh gewöhnt wurde die Stimmen der Vögel zu unterscheiden, der lauscht auch im Alter mit Freuden ihrem Chor. wo der andere ein unterschiedloses (ezwitscher hôrt und so verhält es sich auch mit allen andern Naturerscheinungen. Leber die Berechtigung der Xaturlehre als l'nterrichtsgegenstand in der Mittelschule zu sprechen, hiesse Eulen nach Athen tragen, fir uns i-t das schon ein berwundener Standpunkt und selbst der eingefleischteste l'hilolog erkühnt sich nicht mehr. der l'hysik den grossen Einfus, den sie auf die allgemeine ildung hat, abzusprechen. — Wir wollen hier nur einen Einflus noch erwähnen, den der exacten Methode, die in dei Aufuchung des Zusamenhanges der Einzelerscheinungen, in der Aufstellung der gemeinsamen Normen und in der Ermittlung der Vr-achen befolgt wird. Es wird durch dieselbe nicht nur die geistige Erziehung befördert sonderu mittelbar auch der t'harakter geläutert. Dadurch, dass der jugend liche Geist in ihr geübt wird. gewöhnt er sich an scharfes, strenz logisches Denken. Wol ist auch in andern Wissenschaften ein streng logisches Denken notwendig. allein nur in den Xaturwissenschaften rächt sich eine Ab¬ weichung von demselben sogleich aufs empfindlichste. Ein ganz geringes Versehen bei einem Versuch lässt das Resultat wertlos werden, eine unbe¬ deutende Täuschung bei einer Beobachtung oder eine noch so kleine Ab¬ weichung von dem richtigen Gang in den Urtheilen und Schlüssen, stellt

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