7. Jahresbericht der k. k. Realschule in Steyr, 1877

32 Spiegelteleskope haben ihre Erledigung in den oberen Klassen der Mittel¬ schule, nicht aber in der Volksschule zu finden. Diese wenigen Andeutungen werden genügen, um unsern Ausspruch zu rechtfertigen, dass die Lehrbücher für Volks- und Bürgerschulen zu viel Lehrstoff bringen, und dass eine bedeutende Beschränkung desselben ein¬ treten müsse. Denn die inductive Lehrmethode gestattet nur ein langsames Vorgchen. Ein Experiment wird, wenn es allseitig verstanden werden soll, eine Lehrstunde voll¬ und davon muss sich der Lebrer überzeugen. und die Zahl der während eines Schul¬ auf in Anspruch nehmen; — jahres auf die Physik entfallenden Lehrstunden wird keineswegs so gross sein. Man sage ja nicht, dass es jedem Lehrer frei steht, nach seinem Gutdünken dieses oder jenes einfach wegzulassen. Denn dies setzt eigene Lehrmethode und eigene Zurechtlegung des Stoffes voraus. Nun ist aber bekannt, dass man mit diesen Anforderungen an den Volksschullehrer nicht herantreten kann. Er wird vielleicht etwas weglassen, was dem Schüler zum Verständnis einer späteren Erscheinung zu wissen notthut. Für die Unterklassen der Mittelschule besitzen wir ein vorzügliches Lehrbuch, das strenge die inductive Lehrmethode durchgeführt enthält überall und immer vom Experiment ausgehend und aus diesem das Gesetz erschliessend. Es ist das Dr. Jos. Krist“ „Anfangsgründe der Naturlehre.“ Aber einen Vorwurf, den es mit allen Lehrbüchern dieser Gattung theilt, muss man ihm machen, den nämlich, dass es des Materials zu viel bietet. Wenn ein Abiturient aus der l’hysik nur das wüsste, was in Krist’s Elementarphysik enthalten ist. so müsste er. — ein gediegenes mathematisches Wissen vorausgesetzt, — eine excellente Prüfung machen. Dass Krist bei der Auswahl des Stoffes in das Gebiet der oberen Klassen streift, verweisen wir, um nur ein Beispiel anzuführen, auf die „Messung bewegender Kräfte.“ Der Begriff der Masseneinheit macht wie die Erfahrung lehrt, den Schülern der Oberklassen grosse Schwierigkeiten. Wird sich der Verfasser entschliessen, den Lehrstoff um ein Bedeutendes zu kürzen, so wird auch der Preis des Buches herabgemindert werden können, was seiner allgemeiner Verbreitung und Einführung als Lehr¬ buch gewiss zu Statten kommen wird. „Non multa sed multum“ sei die goldene Regel, von der wir uns beim Physikunterricht leiten lassen. Es bedarf wol keiner besondern Erwähnung, dass die sprachliche, Darstellung beim elementaren Physikunterricht so populär als möglich. aber doch präcis und korrekt sein müsse. Denn wie jeder Mensch sich körperlich von anderen unterscheidet, ebenso ist er geistig ein Eigenwesen. Mithin darf kein Lehrer erwarten, dass seine Schüler Alles so verstehen, wie er es gemeint hat; er steht ja an Bildung hoch über ihnen; die Schüler wissen ja nicht, wie er zu diesen oder jenen Behauptungen gekommen ist, was er sich bei jedem einzelnen Worte denkt, in denen er seine Gedanken ausdrückt. Der Lehrer

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2