9. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1981/82

Mit dem „ Orient-Express " entstand ein Ei senbahnmythos, ein Luxuszug , der einen neuen, mondänen Lebenssti l verkörpert. Man traf sich im Zug, gab Empfänge und veranstaltete Hochzei tsbankette . Der ,, Luxuszug " wurde zur Verkörperung der „ Belle Epoque" . In einem halben Jahrhundert hatte sich die Eisenbahn ihren festen Platz im Leben der Menschen gesichert. Tausende Kilometer Schienen, tausende Brücken , Tunnels und Bahnhöfe feierten den Kult der Schiene. Die Lokomotiven , die immer aerodynamischer gebaut wurden , fuhren immer schneller. 1848 erreichte ein Zug auf dem leichten Gefälle von Didcot nach Dover eine durchschnittliche Geschwindigke it von 108 km/h . 1893 brachte es der „Empire State Express " zwischen Rochester und Buffalo auf mehr als 180 km/h. Die Eisenbahn hatte ihre großen Siege schon errungen. Sie hatte die Entfernung , die Geschwindigkeit und die Bequemlichkeit gemeistert. Sie verband die Metropolen der Welt und war bis in die ent legensten Gebiete der Erde vorgestoßen. Pfeil schnelle Fern- züge durcheilten die Zeitzonen der Erde, friedliche Bummelzüge keuchten bis in die abgelegensten Täler und stellten für deren Bewohner oft die ein- zige Verbindung mit der Außenwelt dar. Die Eisenbahn erlebte ihr golde- nes Zeitalter. Im August 1914 ging diese Epoche wie ein plötzlich in Trauer versetztes Fest zu Ende: Die Eisenbahn zog in den Krieg . IV) D I E E N T W I C K L U N G D E R E I S E N B A H N IN DEUTSCHLAND UND ÖSTERREICH Als erster Vorkämpfer der Eisenbahn auf dem Kontinent gilt Franz Xave r Gerstner, der schon 1807 eine Bahnlinie von der Moldau zur Donau vorschlug . 1828 eröffnet, nimmt sie als „Pferdeeisenbahn Linz-Budweis" in der Geschichte der Eisenbahn eine der vordersten Stellen ein. In Deutschland schlug der Nationalökonom Friedrich List schon im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts den Bau eines umfassenden Eisen- bahnnetzes als Mittel zur Einigung des damals aus 36 Teilstaaten beste- henden Deutschlands vor. Obwohl List dieses deutsche Eisenbahn- system nicht zustande brachte und aus Verzweiflung über die Erfolglosig- keit seines Lebenskampfes 1846 freiwillig aus dem Leben schied , sollten gerade seine Pläne dazu beitragen, der Eisenbahn in Deutschland den Weg zu ebnen . Neben politischen Schwierigkeiten hatten die Befür- worter der Eisenbahn in Deutsch- land auch mit starkem Widerstand aus der Bevölkerung zu kämpfen. Fuhrleute, Hufschmiede, Stellma- cher und Schiffsleute bangten um ihre Arbeit. Ärzte warnten vor den möglichen gesundheitlichen Schä- den , die eine Bahnfahrt mit sich brin- gen könnte, und so mancher Pfarrer bezeichnete die neue Erfindung als Die „ Adler" ,,Erfindung des Teufels" . Daß es Nachbau durch di e Deutsche Bundesbah n dann doch zum Bau der ersten 18

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