2. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Steyr 1974/75

außen und einmal von innen anschauen kann: der Satz ,drückt aber einen echten Widerspruch aus, der so nid1t entschärft werden kann, weil der Mensch selbst tatsächlich und in Wirklichkeit dieser Widerspruch ist, dessen stä11dige Aufhebung er zu leisten hat in der pra,ktischen Vermittlung seiner selbst als Natur und Geist, wenn er ein Mensch sein will. Denn aud1 der Mensd1 ist nicht aus :z;wei Stücken zusammengesetzt, aus einem Körper, der dem Tierreich angehört, und aus dem Geist, der dcinghaft von außen dazu- kommen soll. Leib ist kein x-beliebiger Körper, Sede ull!d Gei'st kein davon abtrennbares Gespenst, wie diejenigen meinen, ,die aud1 hier wieder nur ein Ding vorstellen können, n•icht imstande, den Geist geistig zu fassen. Da der Mensd1 aber nicht in :z;wei Teilstücke gespalten werden kann, gilt aud1 für ihn, daß jede Bestimmung an einer der beiden Seiten zugleid1 eine Bestimmung auch der a11'deren Seite des immer einen und untrennbar ganzen Menschen ist, und weil aud, hier eine Aussage über die eine Seite nicht wahr ist, wenn nicht zugleich die andere mitbedacht wird, ist eine Aus- sage über den Leib des Menschen nur dann eine Aussage über den Leib des Menscl-1en , wenn dabei zugleich auch seine Geistigkeit als dessen inneres Moment mitgedacht wird. Der Arzt hat dies zu bedenken, weil er einen Menschen behandelt uo,d n.icht einen beliebigen Gegenstand, weniger der Biologe oder ,der Anatom, sow·eit es ·sid, um methodisch notwendige Abstrak- tion handelt und keine Aussagen beabsid,tigt sind, die den Menschen als ganzen <betreffen . Es ist aber von hier au•s auch ,die Vors<i cht und Zurück- haltung der Theologie in Hinblick auf die Abstammungslehre zu verstehen, weil sie damit rechnen mußte, ,daß ,der Satz, der Mensch stamme aus dem Tierreich und sei eine Entwicklungsform unter anderen, von den meisten Menschen entweder so mißverstanden würde, daß der Mensch ohnehin nicht wesentlich vom Tie: versd1ieden sei, oder daß der Mensch ohne weiteres stückhaft zertrennt werden könne in einen Tierkörper (für die Biologen) und in eine Gespensterseele (für die Theologen), was ein fauler Friede und in Hinblick auf die unzertrennbare Einhetit des konkreten Menschen ganz einfad, falsch ist. So ist der Mensch selbst dort, wo er am geistigsten sich selbst als natur- haftes Lebewesen übersteigt, noch immer zugleich detienige, der nach dem Wort des Alten Testamentes „von der Erde genommen" und mit allen Wur- zeln in Materie verklammert ist, und er ist selbst dort, wo er ,dem Tier am meisten gleicht, noch immer zugleich derjenige, der ·die Züge des Menschen trägt, wenngleich sie im Moment nicht •sichtbar oder verdeckt sind. Das Gesicht des Mensd,en be·im Lad,en, im Schlaf, im Zorn, beim Nach- denken , in Verlegenheit ist vi elfad,es Zeugnis ,des Geistes , der als Natur ersd1eint u-i,d durch die Einheit mit sid1 selbst auch die Einheit ,des Gesid1ts- ausdruckes erhält, trotz des ständigen Wechsels seiner stofflichen Teile und des unausweichlichen Alterwerdens mit Falten und grauen Haaren. Auch die Haltung und Bewegung des übrigen Körpers be·im Gehen, Sitzen, Liegen, beim Tanz, beim Gruß ist Zeichen des Geistes im Menschen. Es gibt auch leiblich- seelisd,e Besonderheiten einer bestimmten Rasse oder eines bestimmten auf dem Erbweg überkommenen Temperament,s, der ebenfalls immer den ganzen Mensd1en, und nicht nur <i soliert betrachtete Nucleinsäuren, betrifft. Urnd wenn wir einem Menschen eine „ natürlich e" Art -des Umgangs zusprechen (sei es , daß er jene Ausgewogenh e it zum größeren Teil ererbt oder mehr 23

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2