Chronik von Garsten

18 Weyer, die sie alle dem Erdboden gleichmachten; der Schaden, den damals die Türken dem Kloster Garsten durch die Vernichtung seiner Pfarreien angerichtet hatten, war ungeheuer groß. Abt Pankraz suchte auf jede Weise ihn wieder gut zu machen; er stellte einige verbrannte Häuser wieder auf und verschaffte dem Kloster einige neue Höfe. Mehr konnte er in dieser schrecklichen Kriegszeit nicht tun. Außer den Türken war aber in dieser Gegend ein ganz anderer Feind eingedrungen, der ebenfalls eine große Bresche schlug, und das war die Lehre der Reformation. Schon im Jahre 1525 war in der Gegend von Steyr die Lehre Luthers bekannt, anfangs nur behutsam und mehr im Verborgenen (Pritz, Seite 42). Durch Bergknappen, die aus Deutschland nach Osterreich gewandert waren und da Arbeit suchten und fanden, durch reisende Kaufleute, durch Söldner und heimatloses abenteuerliches Volk gelangte sie und ihre Schriften in die österreichischen Länder und fand Beifall (Mayer II, Seite 22). Da aber die Grundsätze der Reformation viele Freiheiten eröffneten und da einmal alles Neue, besonders in einer Zeit der geistigen Erschlaffung, einen gewissen Reiz ausübt, so ist es begreiflich, dass sie rasch um sich griffen, nach und nach auch in die Klöster eindrangen und hier das zuchtgewohnte Leben nach Regeln der Ordensstifter verdrängten. In Steyr predigte der Franziskanermönch Calixtus als erster die Lehre Luthers (Edlbacher, Seite 188). Der damalige Pfarrer von Steyr, Michael Forster, der früher Prior im Stifte Garsten gewesen war, wurde bald nach seinem Antritte wieder abberufen, weil „er so rasch im Verdachte stand, ketzerische Lehren vorzutragen“ (Pritz, Seite 42 ff). Er starb aber bald darauf. Neben der Lehre Luthers verbreitete sich in der Gegend um Steyr, besonders aber in Garsten, die Lehre der Wiedertäufer, die in kurzer Zeit viele Anhänger zählte, wobei sich eine große Menge noch einmal taufen ließ. Sie erklärten außerdem noch, das Messelesen sei Zauberei, mit dem Altarssakramente betrüge man die Leute, Christus sei nur für Adam und Eva gestorben und es dürfe keine Obrigkeit geben. Es wurde deshalb eine Untersuchung vorgenommen und sechs solcher Wiedertäufer, die nicht widerriefen, „auf dem alten Exekutionsplatze in der Nähe von Garsten enthauptet und dann verbrannt“. Später traf dieses Schicksal noch viele andere. Der Abt und die Bürger von Steyr schlossen im Jahre 1529 einen Vergleich, demzufolge diese dem Abt als ihren obersten Pfarrer anerkannten, nachdem sie sich durch Hinneigung zum Protestantismus mehr oder minder von ihm getrennt hatten; jener versprach, die an ihn gestellten Bitten zu erfüllen. Nach außen erregte es den Anschein, als ob sich die religiösen Stürme wieder legten; doch es war bloß Schein! Denn die neue Lehre wurde zwar still, dafür aber umso tiefer in die Herzen eingesogen. Selbst im Stifte Garsten wucherte der Geist der Neuerung, der sich bald kundgeben sollte; doch der Abt erlebte zu seinem Glücke diese Zeit nicht mehr, denn er starb in Wien und wurde im Kloster der Schotten begraben. Das jetzt so schwere Amt eines Abtes wurde nun Wolfgang I. (Granfuß) übertragen (Pritz, Seite 44). Wolfgang Rumpel, Bürgermeister von Steyr, machte zu dieser Zeit eine Stiftung von 1000 fl nach Garsten, damit in der Stadtpfarrkirche zu Steyr täglich „eine ewige Frühmesse“ gelesen werde.

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