Geschichte des katholischen Frauen-Vereins in Steyr

24 Anstalt als brave Mädchen in Dienste getreten, eben so viele andere wurden wie¬ der aufgenommen. Im verflossenen Sommer habe ich Klosterfrauen, drei barm¬ herzige Schwestern vom heil. Kreuze aus Chur-Ingenbohl hieher berufen um ihnen die Erziehung dieser Mädchen anzuvertrauen, und sind dieselben am 5. August wirklich hier eingetroffen, und haben die Erziehung in dieser Anstalt die wir Anstalt unserer lieben Frau, der unbefleckten Gottesmutter zur Erzie¬ bung verwahrloster Mädchen genannt haben, übernommen. Somit habe ich tagtäglich 20 Kinder und drei Klosterfrauen zu versorgen und dazu noch keinen Kreuzer Stammkapital, sondern nur jene Gaben, die uns bisher in ge¬ wohnter Weise gute Herzen täglich zukommen ließen, die aber nun abzunehmen beginnen, da die kaum je dagewesene Arbeitstockung und Geschäftslosigkeit schon über ein Jahr dauert, und zum Aufhören derselben noch keine Aussicht vorhanden ist. Kaiserliche Majestät! Die Noth und das Elend hier in Steyr ist ungemein groß; Hunderte von Arbeiterfamilien sind brodlos, und haben nicht hinreichenden Erwerb. Steyr's Handel und Wandel liegt darnieder; viele arbeiteten gerne, aber man braucht keine Arbeitskräfte mehr — die Leute nagen am Hungertuche. Das ist hart, und übt einen empfindlichen Rückschlag auf die Wiesingerische Anstalt — auf die Anstalt unserer lieben Frau — aus, und vermehrt hier überhaupt die Zahl verwahrloster Kinder auf eine schreckener¬ regende Weise. Kaiserliche Majestät! in dieser bedrängten Lage befinde ich mich jetzt: und dies ist die Ursache, warum ich es wage, mich Eurer Kaiserlichen Majestät im Namen der armen Kinder und der frommen Ordens=Schwestern, die sie er¬ ziehen, zu Füßen zu werfen, und um eine allergnädigste Unterstützung für die¬ selben aller ehrfurchtsvollt zu bitten. Niemals werden wir aufhören, Gott, den höchst Gütigen anzuflehen, daß Er über Eure Kaiserliche Majestät und über das gesammte Kaiserhaus seine Segnungen im reichlichsten Maße ausgießen wolle. Es erstirbt in allertiefster Ehrfurcht Eurer Kaiserlichen Majestät allerunterthänigster Diener Josef Schwanninger, Religionslehrer an der selbstständigen k. k. Unter=Realschule, Beichtvater obiger Schwestern und geistlicher Rathgeber der hiesigen beiden Wohlthätigkeits-Vereine. So ward unter Gottes Segen und dem Wohlthun vieler edler Herzen Wiesinger's Anstalt zur Rettung verwahrloster Mädchen gegründet. Er stellte selbige unter die Aufsicht einer all¬ seits verläßlichen Person, welcher der Unterricht und die Erziehung der Schutzkinder oblag. Wiesinger liebte seine Anstalt wie seinen Augapfel. Seine ganze Sorge und Liebe galt der An¬

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