125 Jahre Gesellschaft der Musikfreunde Steyr 1838-1963

Die katholische Glaubenserneuerung zu Anfang des 17. Jahrhunderts hatte auch die Eröff- nung einer katholischen Lateinschule in Steyr durch Abt Johann Wilhelm von Garsten zur Folge. Der Abt betraute Wolfgan g Lindner, bisher Schu1meister in Waidhofen a. d . Ybbs, mit der Führung dieser Unterrichtsanstalt . Lindner, dessen Anstellung vom Steyrer Magi- strat nachträglich bestätigt wurde, übernahm im Februar 1603 mit dem Schuldienst auch die Leitung des Chors an der Stadtpfarrkirche. Hier aber fehlten die Sänger und das entspre- chende Notenmaterial. Anfangs mußte er allein singen und Abschriften der Kirchen- musikalien anfertigen. 42 Doch der Schulmeister ließ sich durch diese Schwierigkeiten nicht einschüchtern. In mühevoller Arbeit brachte er in den folgenden Jahren einen beachtlichen Kirchenchor zustande . Die „Pfarrsänger" unters tützten finanziell der Abt von Garsten und der Rat in Steyr. 43 Bis in die Biedermeierzeit gehörten zum Stammpersonal des Kirchenchors zumeist der Organis t, ein oder zwei Diskantis ten, ein Altist, ein Tenorist, ein Bassist und ein Kalkant (Orgelbalgzieher). Die Mitwirkung weiblicher Gesangkräfte erwähnen die Quellen erstmals 1757. 44 Der Regenschori, gewöhnlich der Bassist, leitete die musikalischen Darbietungen. Einige Chorregenten waren durch viele Jahre an der Stadtpfarrkirche tätig, so Valentin Reiter (1649-1670), Johann Sebastian Mörsperge r (1686-1725), Tobias Muhr (1741-1763) und andere. 45 Den Organistendienst versahen zur Zeit Lindners Johannes Kirchperger (1602-1615), Tobias Fröhlich aus Bruck a . d. Mur (1615-1617) und Andreas Ott aus Enns. 46 Aus der Reihe der späteren Organisten sei Johann Nikolaus Ki rchperger hervorgehoben, der wahr- scheinlich um 1627 den Organistendienst übernahm und ihn über fünfzig Jahre ausübte . 4 i Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kirchenmusiker waren, wie aus zahlreichen Bitt- schriften hervorgeht, mittelmäßig. Regenschori und Organist bezogen in der Barockzeit jährlich durchschnittlich 200 Gulden, Altist und Tenorist etwa 100 bis 130 Gulden aus dem Pfarrkirchenamt. Besondere Leistungen, wie z. B. die Mitwirkung bei Prozessionen, wurden separat entlohnt. Wenn nötig, erhielten die Musiker auch eine Wohnungsbeihilfe (,,Zimmer- zins") und andere Zuwendungen. 48 Während uns die Namen der am Kirchenchor der Stadtpfarre tätigen Kräfte seit dem Ende des 16. Jahrhunderts fast lückenlos überliefert sind, gibt es nur wenige Aufzeichnungen über die dargebotenen Kompositionen. Um 15 50 wurden in der Stadtpfarrkirche einzelne Teile der Messe deutsch gesungen, 1580 und 1585 widmete der Kantor Wilhelm Klausner dem Stadtrat einige von ihm vertonte „Gesänge" und einen „Passionsgesang". 49 Bekannt waren in der Eisenstadt die Werke des Tondichter s Orlando di Lasso (1532-1594) . Als im Jahre 1606 die Söhne des Komponisten, Ferdinand und Rudolf, dem Steyrer Stadtrat Motetten ihres Vaters offerierten, bemerkte dieser, daß „des Herrn Orlands de lasso 21

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