Amtsblatt 1899/50 der k.k. Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 14. Dezember 1899

Am häufigsten werden die femoralen und inquinalen Lymphdrüsen ergriffen, weniger häusig die oxillaren, am feltensten die Drüsen am Halse. Die Bubonen am Halse, oft mit Parotitis verbunden, können enorme Geschwülste bilden und zur Compression des Larynx und Glottisödem führen. ∆ Im Verlaufe der Krankheit bildet sich der Bubo ent¬ weder zurück oder er vereitert, was jedoch nicht immer mit Temperaturerhöhung verbunden sein muss. Außer Bubonen beobachtet man häufig noch Carbunkel; dieselben entstehen mit der Bildung eines Bläschens auf einer gerötheten, juckenden Hautstelle und treten fast immer secundär, sehr selten primär auf. Die Temperatur ist in den ersten Tagen der Erkran¬ kung gewöhnlich 39 bis 40 Grad C.; die Fiebercurve zeigt aber in der Regel starke Remissionen. Ein sehr constantes Symptom ist die auffallende Herzschwäche. Am Herzen selbst ist klinisch außer Schwäche der Töne nichts nachweisbar. Die Pulsfrequenz ist meist hoch, die Pulswelle niedrig, schlecht abgesetzt, die Spannung sehr gering. Im Verlaufe der Erkrankung beobachtet man oft einen diphtheritischen, gelblichweißen Belag der Tonsillen, gleichzeitig blutiges Sputum und Schlingbeschwerden. Sehr häufig ist noch eine diffuse Bronchitis vorhanden. Ander¬ seits kann man nicht selten eine hochgradige Dyspnoe bei normalem percutorischen und fast normalem ausculta¬ torischen Befunde beobachten. Pneumonien kommen bei Pest sowohl primär als secundär vor. Im ersteren Falle verläuft die Pest überhaupt unter dem Bilde einer Pneumonie und wird von einem Schüttelfroste eingeleitet; die allgemeinen Symptome der Pest fehlen aber nicht, während Lymphdrüsenschwellungen vorkommen oder ausbleiben können. Auffallend ist hiebei die hochgradige Dyspnoe und Cyanose. Das Sputum ist meist reichlich, rostfarben oder rein blutig, bald dünn¬ flüssig, bald zäh. Die physikaliche Untersuchung weist aber nichts für Pestpueumonie Charakteristisches nach, und die Dämpfung ist oft eine geringfügige. Differentialdia¬ gnostisch wichtig ist das Fehlen von Herpes labialis. Die im Verlaufe der Erkrankung auftretenden secundären Pestpneumonien unterscheiden sich in nichts von gewöhnlichen Lobulärpneumonien. Erwähnenswert ist noch das manchmalige Vorkommen einer durch den Pestbacillus verursachten Meningitis im Verlaufe der Beulenpest. Im Harne ist stets Eiweiß vorhanden. Die Mortalität beträgt nach Bitter durch¬ schnittlich circa 40 Percent, während sie nach den Angaben anderer Autoren zwischen 60 und 90 Percent schwanken soll; sie hängt jedenfalls von dem Stadium und der Schwere der Epidemie und namentlich von dem Vorherrschen der Pestpneumonie ab. Die Reconvalescenz dauert meist viele Wochen oder Monate. Recidiven wurden nach 2—8 Wochen beobachtet; auch mehrmalige Erkrankung an Pest kann vorkommen, doch pflegt die spätere Erkrankung milde zu verlaufen. In der Regel macht aber macht das Ueber¬ stehen der Pest gegen eine abermalige Erkrankung immun. (Fortsetzung folgt.) Z. 15.543. Steyr, 7. December 1899. An sämmtliche Gemeinde-Vorstehungen und k. k. Gendarmerieposten - Commanden zur Kenntnisnahme. Thiersenchen=Ausweis in der Berichtsperiode vom 17. November bis 26. November 1899. 1. Rotz. Bestehen der Seuche. Bezirk Wels: Gemeinde und Ortschaft Steinhaus. Erlöschen der Seuche. Bezirk Steyr (Land): Gemeinde Gleink, Ort¬ schaft Thann. 2. Rothlauf der Schweine. Bestehen der Seuche. 1. Bezirk Freistadt: Gemeinde und Ortschaft Pierbach; Gemeinde Zeiß, Ortschaft Unterzeiß. 2. Bezirk Kirchdorf: Gemeinde Pettenbach, Ort¬ schaft Lungendorf; Gemeinde Waldneukirchen, Ortschaft Steinersdorf. 3. Bezirk Linz (Land): Gemeinde Leonding, Ort¬ chaft Bergham. 4. Bezirk Steyr (Land): Gemeinde Ried, Ortschaft Großendorf; Gemeinde und Ortschaft Pucking. Erlöschen der Seuche. 1. Bezirk Kirchdorf: Gemeinde und Ortschaft Pettenbach. 2. Bezirk Linz (Land): Gemeinde Wilhering, Ortschaft Höf. 3. Bezirk Ried: Gemeinde und Ortschaft Lohnsburg. 4. Bezirk Steyr (Land): Gemeinde Eberstallzell, Ortschaft Spieldorf. 3. Schweinepest. Bestehen der Seuche. 1. Bezirk Freistadt: Gemeinde Waldburg, Ort¬ schaft St. Peter: Gemeinde und Stadt Freistadt. 2. Bezirk Steyr (Land): Gemeinde Piberbach, Ortschaften Pellndorf, Winden; Gemeinde und Ortschaft St. Marien. Erlöschen der Seuche: Bezirk Steyr (Land): Gemeinde Kematen, Ort¬ schaften Burg, Kematen; Gemeinde Eggendorf, Ortschaften Eggendorf, Hub; Gemeinde und Ortschaft St. Marien; Gemeinde Ortschaft Weißkirchen. Steyr, am 9. December 1899 Z. 15.822. An alle Gemeinde - Vorstehungen zur Kenntnisnahme. Nr. 21.563/II. Kundmachung betreffend das Verbot der Einfuhr von Schlachtvieh aus Oesterreich=Ungarn in das öffentliche Schlachthaus in Nicola in Preußisch=Schlesien. Zufolge des Erlasses des k. k. Ministeriums des Innern vom 27. November 1899, Z. 38.954, ist die Erlaubnis zur

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