Amtsblatt 1895/11 der Bezirkshauptmannschaft Steyr vom 14. März 1895

3 g) Welche Gebrauchsrechte werden den Angehörigen der Beerdigten eingeräumt und welche Pflichten auferlegt? h) Die Verantwortlichkeit des Todtengräbers und der Friedhofsverwaltung (der Kirchenvermögensverwaltung, be¬ ziehungsweise der Gemeindevorstehung) für die Einhaltung der Sanitätsvorschriften. i) Das Ueberwachungsrecht der Gemeinde als Local¬ Sanitätspolizeibehörde bei confessionellen Friedhöfen. k) Das Ueberwachungsrecht des Staates. II. Die Einführung eines Gräberbuches für jeden Friedhof. Die Gräber sind durch Eintragung in ein Gräberbuch, dessen Führung dem Todtengräber obliegt, unter Angabe der Namen der Beerdigten und des Datums der Beerdigung in Evidenz zu halten. Von jedem Friedhofe ist ein Plan von einem Sach¬ verständigen anzufertigen, in welchem die einzelnen Grab¬ stellen, eventuell auch die einzelnen Leichenfelder mit Num¬ mern, beziehungsweise Buchstaben zu bezeichnen sind. Ein solcher Plan ist auch der Friedhofordnung bei¬ zuschließen. III. Die Regelung der Grabgebüren und Todtengräber¬ gebüren, eventuell die Errichtung von Friedhof=Fonden. Bei katholischen Friedhöfen sind die Todtengräberge¬ büren durch das Stolpatent vom 31. Jänner] 1783 be¬ stimmt. Für anderweitige als im Stolpatente vorgesehene Ar¬ beiten kann ein eigener Tarif aufgestellt werden. Das Stolpatent weiset den Pfarrkirchen auch das Recht bestimmter Taxen für Grüfte und Grabstellen auf Friedhöfen zu; nach den Kundmachungen der obderennsischen Landesregierung vom 3. September 1829, Z. 19.924, und 18. October 1829, Z. 28.994, ist jedoch die Zulässigkeit ausgesprochen, durch besondere Statuten einen größeren oder geringeren Stolbetrag als den patentmäßigen zu Gunsten der Pfarrkirchen festzusetzen. Solche besondere Grabgebüren werden über Vorschlag der Kirchenvermögensverwaltung nach Anhörung der einge¬ pfarrten Gemeinden von der k. k. Statthalterei im Einver¬ nehmen mit dem bischöflichen Ordinariate genehmiget. Zur Hereinbringung rückständiger Todtengräber= und Grab=Gebüren bei katholischen Friedhöfen kann die politische Ex cution nach § 23 des Gesetzes vom 7. Mai 1874, Nr. 50 R.=G.=Bl., beansprucht werden. Die in evangelischen Kirchengemeinden beschlossenen Gebüren für die Grabstellen und den Todtengräber auf ihren confessionellen Friedhöfen sind nach Genehmigung durch die politische Landesstelle im Sinne des § 22 der im R.=G.=Bl. Nr. 4 ex 1892 verlautbarten Verfassung der evangelischen Kirche ebenfalls im Verwaltungswege exequier¬ bar; derlei Gebüren auf israelitischen Friedhöfen bedürfen der Genehmigung der Landesstelle im Sinne des § 19 des Gesetzes vom 21. März 1890, R.=G.=Bl. Nr. 57, und sind nach § 22 dieses Gesetzes durch die politische Execution einbringlich. Die fraglichen Gebüren dienen zur Entlohnung des Todtengräbers entweder von Fall zu Fall oder mittelst eines fixen Jahreslohnes, zur Erhaltung der Friedhofanlagen eventuell auch zur Schaffung eines Friedhof=Fondes. Ein Friedhof=Fond entsteht aus den jährlichen Ueber¬ schüssen der Friedhofverwaltung, aus dem Erlöse der von den Gebrauchsberechtigten innerhalb der in der Friedhofordnung festzusetzenden Frist nicht in Empfang genommenen Grab¬ kreuze, Grabmonumente und anderweitigen, dem Friedhof=Fonde gewidmeten Zuschüssen. Die Grabgebüren und Todtengräbergebüren sind bei katholischen Friedhöfen vom Pfarrer einzuheben. Die Grabgebüren sind in der Kirchenrechnung zu ver¬ rechnen. Der Friedhof=Fond wird bei katholischen Friedhöfen von der Kirchenvermögenverwaltung verwaltet. Für eine wirksame Durchführung der Friedhofordnungen erübrigt aber noch, den Pflichtenkreis der mit der Durch¬ führung eines geregelten Friedhofbetriebes betrauten Organe und der Art der Controle des Begräbniswesens seitens der Sanitätsbehörden festzustellen. Es kommen hiebei in Betracht der Todtengräber, die Friedhofverwaltungen, die Gemeindevorstehungen, die politi¬ schen Behörden. A. Der Todtengräber. Dem Todtengräber obliegt in erster Linie die Durch¬ führung der vorschriftsmäßigen Beerdigung der Leichen auf dem Friedhose, dann die ordnungsmäßige Führung des Gräberbuches. Er ist ein nicht unwichtiges Organ der localen Sa¬ nitätspolizei, dessen Glaubwürdigkeit in seinen Aussagen vor den Behörden in vielen den Friedhofbetrieb und die Fried¬ hof=Anlage betreffenden Fragen ein besonderer Wert bei¬ gelegt werden muss; es erscheint daher bei der bereits mit dem Hofdecret vom 5. December 1785 ausgesprochenen Verantwortlichkeit des Todtengräbers für einen ordnungs¬ mäßigen Friedhofbetrieb dessen Beeidigung angezeigt. Der Todtengräber ist somit nach vorausgegangener Belehrung über seine Pflichten von der politischen Behörde in Eid und Pflicht zu nehmen und genießt die Rechte eines Organes der öffentlichen Sanitätsverwaltung. B. Friedhofverwaltungen. Die Friedhosverwaltungen sind für die ordnungsmäßige Durchführung der Friedhofordnung verantwortlich Durch dieselben erfolgt die Bestellung des Todten¬ gräbers C. Die Gemeinde=Vorstehungen. Die Gemeindevorstehung handhabt die sanitätspolizei¬ lichen Vorschriften über das Begräbniswesen durch den Ge¬ meindearzt. Derselbe hat insbesondere darüber zu wachen: a) dass keine Leiche ohne vorausgegangener Todten¬ beschau beerdigt werde; b) dass die von ihm angeordnete oder die gesetzliche Beerdigungsfrist eingehalten werde; c) dass die Anlage der Gräber in der vorgeschriebenen Tiefe und der Friedhofordnung entsprechend stattfinde; d) dass das Gräberbuch von dem Todtengräber ordent¬ lich geführt werde; e) dass die Ruhe und Ordnung auf dem Friedhofe aufrecht erhalten werde: f) dass keine Leichenausgrabung vor der gesetzlichen Frist ohne behördliche Bewilligung stattfinde, beziehungsweise dass die Wiederbelegung eines Grabes vor Ablauf der gesetz¬ lichen Frist nur über ämtliche Bewilligung erfolge. D. Die politische Behörde. Die politische Behörde übt das ihr durch § 2, lit. g, und § 6 des Reichssanitätsgesetzes zugewiesene Ueberwachungs¬ recht durch den der politischen Behörde beigegebenen Amts¬ arzt aus.

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