Amtsblatt der Stadt Steyr 2000/11

Frau Vizebürgermeister Friederike Mach (SP) ist im Stadtsenatfür die Seniorenbe- treuung,fürJugendangelegenheiten, die Kin- dergärten,für soziale Angelegenheiten,für das Gesundheits- und Rettungswesen sowie für Alten- und f3/legeheime zuständig. Imfol- genden Beitrag berichtet sie aus demJugend- Ressort sowie über das Altenheim Tabor: Jugendamt als Service-Einrichtung für Familien Das Jugendamt hat u.a. die allgemeine Aufga- be, einerseits die Familien bei der Pflege und Erziehung Minderjähriger zu beraten und zu unterstützen sowie andererseits die Interessen und Rechtsansprüche von Kindern zu sichern. Zur Erfüllung dieser Aufgabe verfolgt das Ju- gendamt unserer Stadt folgende Ziele: Sicherung der persönlichen und sozialen Entwicklungs-Möglichkeiten der heranwach- senden Jugend Beratung und Förderung der Familie bei ih- rer Erziehungsaufgabe Schutz der Minderjährigen für den Fall, dass die Eltern ihre Erziehungsaufgabe nicht aus- reichend oder gar nicht erfüllen Durchsetzung der gewaltlosen Erziehung Orientierung der Jugendwohlfahrts-Einrich- tungen hin zu Familien-Servicestellen durch verstärkten Ausbau der sozialen Dienste (z. B. Familienberatung, sozialpädagogische Familienhilfe usw.) Sicherung von Rechtsansprüchen, insbeson- dere von Unterhaltsansprüchen, und Interes- sen der Minderjährigen Das Jugendamt versteht sich also neben seiner Funktion als staatliches Organ zum Schutz der Interessen von Kindern vor allem auch als Fa- milien-Serviceeinrichtung. Es dient den Eltern, Kindern un<l Jugendlichen als Anlaufstelle. Un- sere Diplomsozialarbeiter/innen stehen mit In- formationen zur Verfügung, vermitteln an ge- eignete Sozialeinrichtungen und übernehmen Beratungstätigkeiten. Ein Einschreiten des Jugendamtes zum Schutz von Kindern wird dann notwendig, wenn Erzie- hungsberechtigte das Woh l der Minderjährigen nicht oder nicht ausreichend gewährleisten. Grundsätzlich gehen unsere zuständigen Mitar- beiter/innen auch in diesen Fällen im Einver- nehmen mit den Erziehungsberechtigten vor; notfalls sind aber zum Schutz der Kinder Maß- nahmen gegen den Willen der Eltern durchzu- führen. Die Aufgaben der öffentlichen Jugend- wohlfahrt bewegen sich somit im Spannungs- feld zwischen Service und Kontrolle. ---ein starkes Stück Stadt V • b.. Frau . t 1ze urgerme1s er Friederi l<e Mac Enorme Kosten für die Unter- bringung in Heimen Das Steyrer Jugendamt ist in zunehmendem Maße mit besorgniserregenden Entwicklungen konfrontiert, von denen ich Ihnen nur einige aufzählen möchte: die stark steigende Zahl desorientierter und sozial/psychisch gestörter Jugendlicher; zunehmende Verhaltensprobleme in Kinder- gärten, Schulen und im Freizeitbereich; starke Verschuldung und die Folgen für die betroffenen Familien und Kinder; Alkohol- und Drogenproblematik im Kindes- und Jugendalter sowie in den Familien; starker Anstieg der Fälle von sexuellem Missbrauch; Anstieg der Jugend-Kriminalität (Gewalt- bereitschaft, Eigentumsdelikte) Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass im- mer mehr Kinder und Jugendliche aus ihrem familiären Umfeld herausgenommen und in Heimen, sozialpädagogischen Wohngemein- schaften, Kinderdörfern etc. untergebracht wer- den müssen. Wir sind als Stadt gesetzlich dazu verpflichtet, die enormen Kosten für diese Un- terbringungen - durchschnittlich 40.000 S pro Kind und Monat - zu tragen. Die Gesamtko- sten, die uns in diesem Bereich entstehen, be- tragen bereits rund 30 Mill. S jährlich. Pflegeeltern gesucht Eine wesentlich kostengünstigere, vor allem aber auch für die Entwicklung der betroffenen Kinder bessere Betreuungsmöglichkeit wären Pflegeeltern, die aber leider viel zu wenig zur Verfügung stehen. Die Pflegeeltern erhalten für die Betreuung eines Pflegekindes neben der Fa- milienbeihilfe auch ein Pflegegeld von durch- schnittlich 6.000 S pro Monat. Weiters besteht seit ca. einem Jahr die Möglichkeit eines An- stellungs-Verhältnisses beim Linzer Verein Pfle- ge- und Adoptiveltern, bei dem sie ein zusätzli- ches monatliches Entgelt von ca. 4.000 S erhal- ten und vor allem auch sozialversichert sind. Ich möchte daher an jene Menschen appellie- ren, die sich in der Lage fühlen, für solche vom Leben benachteiligten Kinder eine Ersatzfami- lie zu sein: Melden und informieren Sie sich bei unserem Jugendamt unter der Steyrer Te- lefonnummer 575-460. Neue Wege der Zusammenarbeit im Altenheim Mit Riesenschritten geht das Jahr 2000 voran - ein Jahr mit viel Bewegung und zahlreichen Veränderungen im Bereich der Altenarbeit: Die Altenheime werden zunehmend mit einem im- mer größeren und vielseitigeren Aufgabenbe- reich konfrontiert. Ob es sich um die Aufnah- me von jungen Menschen (40, 30 Jahre jung) oder Personen im Wachkoma handelt, um hochgradige Demenz, Sterbende - mit diesen fast zur „Tagesordnung" gehörenden Aufgaben stoßen unsere Mitarbeiter/innen im Altenheim Tabor an die Grenzen des Machbaren. Um die hilfsbedürftigen Personen gut betreuen zu können, braucht das Pflegepersonal die ent- sprechenden Rahmenbedingungen. Die ersten Schritte dazu sehe ich in den Vorarbeiten und Detailplanungen für das neue Alten- und Pfle- geheim in Münichholz. Gleichzeitig mit diesen räumlichen Verbesserungen arbeiten wir an der Akzeptanz und Berücksichtigung der Perspekti- ven von Angehörigen in der Praxis ambulanter und stationärer Betreuung. Neben dem anerkannten öffentlichen Sozial- und Gesundheitssystem - dem formellen, pro- fessionellen - gibt es ein verborgenes informel- les Hilfesystem (Angehörige, Freunde, Nach- barn), das auf Emotionen, Bindungen, Solidari- tät und moralischer Verpflichtung basiert. Die- ses informelle Netzwerk ist ein unverzichtbarer Bestandteil, ein unsichtbares und tragendes Fundament und ermöglicht erst das Sozial- und Gesundheitssystem, wie wir es kennen. Das „Gemeinsame" wird derzeit im Altenheim Tabor durch gezieltes Coaching der Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter verstärkt. Ziel ist es, die Zweierbeziehung (Pfleger - Bewohner) in eine homogene Dreierbeziehung (Pfleger - Be- wohner - Angehöriger) zu begleiten. Die Mitar- beit der Angehörigen erscheint mir sehr wich- tig, da sie die Alltagsvorlieben, Wünsche, Äng- ste und Gewohnheiten des Bewohners am be- sten kennen. In diesem Sinne wünsche ich mir eine gute Zusammenarbeit aller Beteiligten zum Wohle der Heimbewohner. 9/ 345

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