Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1984

begonnen. Er war in seinem langen ledigen Dahinleben ein richtiger Arqeitsschinder geworden. Arbeit am Morgen, Arbeit am Abend und nach Wochen wieder einmal ein kleiner Rausch beim Oberen Wirt. Jetzt aber wanderte er Tag um Tag in den erwachenden Frühling hinein, kassierte für den letzten Abbrändler und schaute allen jungen, schönen Mädchen auf den Bauernhöfen in die Augen. Manchmal schnitt ihn wohl ein Schmerz durchs Herz: Herrgott, was hab ich doch versäumt, weil ich den Schwestern einst nachgab und ledig geblieben bin! Ihm blieb jetzt noch die eine Hoffnung: Daß er die richtige Frau für den Peter auftrieb, die auch für ihn ein freundliches Herz und einen guten Umgang übrig hatte. Und Peter würde er dann schon herumbringen: Nimm die als Bäuerin, und der Adamhof ist dein! Das war doch für einen armen Knecht ein guter Handel, schien es Dominik. Es war ein strahlender Morgen vor Ostern, als Dominik seinen letzten Kassierga.ng antrat. Die Höfe in der Gemeinde jenseits des Buchbergs waren ihm meistens fremd , aber er würde sich leicht durchfragen, bis er alle abgeklopft hatte. Für die mißtrauische Schwester Barbara schützte er einen Fohlenkauf vor - er wollte ein junges Pferd aufziehen; das war seit kurzem wieder Mode geworden. Als er den 12.ngen Waldpfad hinter sich hatte, traf er auf das ers te fremde Dorf. ,,Grüß Gott, miteinander !" so trat er sanftmütig in jedes Bauernhaus, fragte nach dem Bauer und schielte nach den Töchtern. Er besaß dabei nun eine gewisse Fertigkeit. J,edes Haus, in dem er eine schöne und freundliche Anwärterin für den Adamhof antraf, ·zeichnete er auf seiner Liste unauffällig mit einem Ringlein an. Ein leichtes heiteres Fra.gespiel brachte ihm dazu manche Auskunft. Es ging schon in den tiefen Nachmittag hinein. Hinter einem Eichen- -Wäldchen tauchte ein schmuckes, kleines Anwesen auf. Das ·mußte der Jogglbauer auf seiner Liste sein. Er pochte ans Stubenfenster, und die Frau, die ihm öffnete, lachte ihm freundlich entgegen, als hätte sie den Dominik schon erwartet. „Grüß Gott, Jogglbäuerin! Kennen wirst du mich ja nicht!" sagte er beim Eintreten, weil sie den fremden Bauersmann nun doch etwas erstaunt musterte. Ein altes Bäuerlein mit einer Aktenmappe unterm Arm traf man kaum einmal bei den Leuten hinterm Buchberg an. „Nein, das nicht!" schüttelte die Frau, die auch schon Silber in ihrem Haar trug, den Kopf. ,,Komm nur herein, wenn du was Gutes mitbringst!" Dann saß Dominik am Tisch und ließ sich Geräuchertes und Most munden, während draußen auf dem Haferacker ein Bursch und zwei Dirndln in der schönsten Jugend die Ackerknollen na,ch der Aussaat zerschlugen. Wieder ein Ringlein! dachte er befriedigt. Eine Weile kaute er schweigend und suchte einen Gesprächsanschluß . ,,Einen sauberen Hof habt ihr beisammen! Bei Dir möcht' dich gern Bauer sein, Jogglin!" Die Bäuerin lief jäh rot an und beugte sich tiefer über den Nähkorb. Dominik wartete umsonst auf eine Entgegnung. Er wischte sich endlich den Mund ab und langte nach seiner Tasche. 11Jetzt müssen wir zwei wohl auch das Geschäftliche angehen. Oder kannst du dazu deinen Mann hereinrufen?" Auf der Liste las er: ,,Vinzenz Vogl, Jogglba,uer", dann blickte er ahnungslos auf die Frau. Es war in der Stube ganz still geworden. Die Frau erhob sich blass. „Da kommst du wohl zu spät - im letzten Sommer ist Vinzenz Vogl, mein Mann, gestorben. 11 Dominik vergaß bei dieser Antwort, den Mund zu schließen. Er saß auf einmal verlegen und vernichtet vor Unbehagen da. ,,Ach, die alte 35

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2