Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1982

sen, zum Friseur zu gehen, um sich die Haare schneiden zu lassen. Ein gewagtes Unternehmen! Ihm ist zumute, als ginge es nicht um sein Haar sondern um seinen Kopf. Doch der Entschluß ist gefaßt. Auf geschickte ~'eise hat er bereits im Vorhinein dreifach den Betrag für diesen Haarschnitt kassiert, zuerst von dem erbosten, übrigens stets kurzgeschorenen Vater, der sich nicht einmal Koteletten, diesen bescheidenen Zugeständnis reifer Männer an den Geschmack dieser Zeit, entschließen konnte, dann von der Mutter, die um die Demonstration seines Geschlechtes besorgt ist, und schließlich noch von der guten Tante, die ihn so sehen will, wie man zu ihrer Zeit junge Männer gesehen hat, nämlich glatt rasiert und kurz geschoren. Voll Spannung erwartet die Familie die Rückkehr des verlorenen Sohnes. Glatt rasiert und kurz geschoren wird er in den Schoß der Familie zurückkehren. Und er erscheint. Doch - Malheur! - schöner, lieblicher, mädchenhafter denn je tritt er vor die Familie hin. Dem Haar ist kein Leid geschehen. Er habe sich, erklärt er, lediglich an den Rat des Friseurs, also des zuständig~n Fachmannes, gehalten. Schließlich sind die Friseure ja die Leidtragenden dieser Epoche. Aber auch Friseure sind Menschen. Sie wissen, was sie dieser Zeit schuldig sind und haben sich entsprechend umgestellt. Sträflich ersdüen es dem Meister diesen so erfreulichen Haarwuchs auf ordinäre Weise mit der Maschine und Schere zi1 reduzieren. Haare, erklärte er, sind ein Geschenk Gottes. Glücklich, wem davon genug gegeben ist. Doch um dem Ganzen eine besondere Form zu verleihen, habe er ihm Löckchen eingedreht, zierliche, artige Ringellöckchen. Hübsch, nicht wahr? An jene unvermeidlichen Verwechslungen wird man sich gewöhnen müssen. Schließlich, die Familie weiß, um wen es sich handelt. Die übrige Menschheit aber soll raten. Haarige Zeiten - man wird sich mit gewissen Erscheinungen abfinden müssen. 62 GlE§lflEllU¾! gestern schlug ich ein Rad durch den Wald meine Augen warf ich über die Dächer und fing sie auf im Kreidefeld hüpfend auf der Turmspitze kauernd sprengte ich .Nüsse mit m einen Zähnen ich teilte sie mit den Sd1atte11 di e wuchsen zur .Nacht aber das Einhorn vor meiner Tür wadJte HIElUlflE grüne Girlanden hängen zu mir herunter ins Wassel' ich wohne tief unten und stoße mit den Füßen die Zeit vor mir h er als wär sie nicht in mir ich lasse sie auf m einen Handflächen ruhn und treibe dahin mit geöffneten Augei;, unter einem Himmel aus Mil chglas MOJR.GlEN ·in einer Astgabel sitze ich mOigen au f dem letzten Baum dieser Erde und h füe die Steine sd1reien un d das Dröh nen der Sonne die auf mich zurast und schreie gegen di e Steine und gegen di e Sonne das letz te Blatt an mich reißen d „Un d sieh e es war alles sehr gut" Dora Dunkl

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