Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1959

Gebrauch kam.“ Das Wort „von“ wurde vorher nur von jenen Geschlechtern geführt, die ihrem Namen ein Prädikat beifügten oder die sich nach einem Besitze nannten. Hieronymus Urkauff war in erster Ehe mit Margaretha Winkler, einer Toch¬ ter des 1552 verstorbenen Bürgermeisters Hanns Winkler, in zweiter Ehe mit Praxedis Lämplin aus Bruck an der Mur verehelicht. Den beiden Ehen entsprössen sieben Kinder. Margaretha Winkler hatte von ihrem Vater die sogenannten Kessel¬ hämmer mit dem schönen Ansitz an der Laussa gegenüber Altenmarkt geerbt.“ Von ihr wieder erbten die vorerwähnten Hämmer und das Wohnhaus ihre Söhne Matthias und Wolff. Dieser wurde der Bürgermeister, über ihn soll im folgenden die Rede sein. Matthias, Wolff und ihr Bruder Georg wurden von Kaiser Maxi¬ milian II. mit dem Adel bedacht, außerdem wurde ihnen eine Vermehrung ihres Wappens durch Beifügung desjenigen ihrer Mutter gewährt. Seine der Stadt gewidmete Tätigkeit begann Wolff Urkauff als Stadtrichter der Jahre 1577, 1578, 1581 und 1582, er wurde in der Folge, von 1584 bis 1586 Steyrs Bürgermeister.* Wie viele seiner Vorgänger war er Gewerke und gehörte auch dem Kaufmannsstande an. Er handelte mit Sicheln und Nägeln und war außerdem Gastgeb.? In den Steuerbüchern scheinen Bürgermeister Urkauff und seine Gattin Margaretha, geborene Prevenhuber, als Besitzer des Hauses Stadtplatz 30 auf.“ In der ersten Ratssitzung des neuen Bürgermeisters, am 4. 1. 1584, wurde den anwesenden Stadtvätern zur Kenntnis gebracht, daß die Seuchen in der Stadt wieder einmal erloschen wären.! Diese frohe Nachricht, in der von allerlei Infek¬ tionskrankheiten laufend geplagten Stadt, sollte jedoch nicht von langer Dauer sein. Vier Monate später wüteten in der Umgebung der Stadt, in allen Orten der Sier¬ ninger, Wolferner und Haidershofener Pfarre, Seuchen. Um ein Übergreifen auf Steyr zu verhindern, verfügte der Rat als erste Maßnahme, die er öffentlich aus¬ rufen ließ, daß sich niemand aus den vorgenannten Orten nach Steyr begeben solle.! Weiters wurde vorsorglicherweise Pfarrer Stephan Teurwanger, gegen ein Wochenhonorar von einem Taler, als Infektionspriester für das Spital bestellt. Zur eventuellen Sperrung von Häusern, in denen an Seuchen Erkrankte wohnten, wur¬ den der Nadler Georg Pichler und der Panzermacher Michael Sebacher vorgemerkt.“ Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen brachen die Infektionskrankheiten im Jahre 1585 besonders heftig aus; jede Woche starben 20 bis 30 Personen.“ Die Ratswahl wurde wegen dieser Seuche verschoben und erst am 2. März des folgenden Jahres abgehalten. 1585 bat der Bader Georg Spänngler, daß ihn der Rat als Totenbeschauer und „Franzosen“=Arzt (Arzt für Geschlechtskrankheiten) aufnehmen möge.1 Nach¬ demDr. Hammer und die Bader den Bewerber als „khundig“ und tauglich befun¬ denhatten, befahl der Rat, mit ihm über die „Bestallung abzehandlen“te Bürgermeister Urkauff sprach am 20. 2. 1585 im Rate über die schlechte wirt¬ schaftliche Lage der Handwerker und im besonderen der Messerer. Er berichtete, daß die Not derselben „Je lenger Je größer“ werde. Es sei keine Arbeit vorhanden und die Messerer müßten in den Häusern betteln. Der Rat beschloß daher, Hilfsmaßnah¬ einzuleiten.!7 men In der Amtszeit dieses Bürgermeisters gelang es endlich, einen Vertrag we¬ gen des Zehentes und Burgfriedens mit dem Kloster Garsten abzuschließen, worüber seit 1523 bei der n.=ö. Regierung ein Prozeß anhängig gewesen war.ls Einen anderen Streitpunkt mit Garsten bildete die personelle Besetzung der Stadtpfarrkirche. Abt Johann I. hielt den Bürgern der Stadt vor, daß sie diese Kirche nach eigener Wahl mit protestantischen Predigern versehen. 1586 erklärte der Abt, er wolle die Pfarre mit katholischen Geistlichen aus seinem Stifte besetzen, da ihmseit altersher dieses Recht zustünde. Vor allem verlangte er. daß Pfarrer Lampel amt den protestantischen Predigern entfernt werde. Diese Forderungen wurden vom Magistrat zurückgewiesen und dem Abte zu verstehen gegeben, daß bei der „Aufregung der Bevölkerung“ wegen einer solchen Maßnahme leicht eine „Rebel¬ lion“ entstehen könnte. 118

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