Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1956

fragte der Untermoser schließlich noch, was denn das sei, was er heute abends be¬ kommen soll, denn er habe deutlich gehört, wie der Chefarzt der Schwester ange¬ schafft habe, sie soll ihm vor dem Schlafengehen noch einen Einlauf machen; ob da ein wenig Schweinernes auch dabei wäre etc. etc.... „Nein“, sagte darauf einer der Spaßvögel, „das ist etwas für nur ganz starke Esser. Wenn sich einer schon so richtig vollgefressen hat und mit bestem Willen nichts mehr hinunterbringt, dem wird dann von hinten noch eine Portion Vitamin¬ Kalorien hineingejagt. Aber der Zehnte verträgt das nicht ...“ Nun war Hans punkto Ernährung berühigt. (Er hat den Einlauf auch nicht behalten, sondern in höchster Eile retourniert.) Mit der netten Schwester, die ihm die Penicilin=Injektionen verabreichte, hatte er sich rasch angefreundet. Als sie ihm am nächsten Morgen, bevor er zur Operation gebracht wurde, noch eine letzte, besondere Injektion gab, fragte er die Schwester, ob dies leicht gar schon die Spritze sei, damit er „damisch“ werde. „Nein, nein“, entgegnet schelmisch die Schwester, auf seine gastrische Lebens¬ art anspielend, „das ist nur wegen des Appetits, daß Sie nicht zu essen aufhören. „Reicht denn da die eine Spritze? Geben S' lieber gleich a zweite nachi, sicher ist sicher“, bemerkte der Untermoser mi߬ trauisch. „Und daß wir uns gleich ausreden wegen des Speisezettels zu Mittag, nach der Operation: Auf a Suppen leg ich keinen Wert, aber a gutes Schweinsbraterl, einen ENTEAFUSEF Krautsalat, mit Speck abbrennt, möcht ich chon und als Mehlspeis einen Spiatz¬ 0 strudel, zum Trinken einen Landlbirnmost.“ „Das versteh ich alles. Wie ist aber ein Spiatzstrudel? Den kenne ich nicht“, darauf die Schwester. „Was? Den kennst nöt? Wo man die Kern immer ausspiatzen muaß!“ (Kirschen¬ strudel) Im Vorraum zum Operationssaale in¬ teressierten den Untermoser alle Vorgänge, 4 1 die er kritisch beobachtete. Es fiel ihm auf, daß sich die Arzte un¬ endlich lange Zeit die Hände wuschen und 20 4 bürsteten. „Müssen die einen Schmutz ha¬ ben“ denkt er. „Wenn man sich alle Tage daß es so lange hergeht, bis man rein wird.“ anständig wäscht, gibt's ja das nicht, Minuten! Mit zwei Fingern ins Wasser hin¬ —Er braucht dazu täglich nur zwei und fertig ist die Laube. Ja, ja, man muß ein, ein bisserl über die Augen umi ständig hinterher sein mit der Reinlichkeit und die Sauerei nicht so lange anstehen lassen. Dann beobachtete er, wie die Schwestern, die ebenfalls in dem Vorraum han¬ tierten, um Mund und Nase ein Tuch gebunden hatten. Das hat ihm sehr gut ge¬ fallen, den Weiberleuten das Maul verbinden, daß sie nicht so viel quatschen kön¬ nen, diese Tratschen! Jawohl! Sollen mehr auf die Arbeit schauen! Jawohl! Nur keine Werkzeuge sah er, keine Sägen zum Hände= und Füßeabsägen, keine Messer zum Bauchaufschneiden, rein gar nichts. Das kam ihm verdächtig vor. Ist er leicht gar an der falschen Adresse? Darum rief er laut nach seiner Kranken¬ schwester: „He! Schwester Penicilinder!“ Er wußte ihren Namen nicht, daher nannte er sie nach der Penicilinspritzerei. Von ihr wollte er auch wissen, welcher 62

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