Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1955

5) 6) darstellte, brechen die Berichte über Karfreitagsprozessionen fast unvermittelt ab. Nur noch 171826) wird eine beschrieben, die aber nicht im entferntesten an die des Jahres 1715 heranreicht. Von etwa zwanzig Kreuzträgern wurde eine Bühne getragen, auf der sich ein Berg mit einer Höhle befand, die das Grab Christi darstellte. Auf dem Berg ein strahlendes Kreuz, darunter das apoka¬ lyptische Lamm, die vier Erdteile mit seinem Blute benetzend. Das Dramatische ist also schon stark in den Hintergrund getreten. Andere Prozessionen Die seit der Mitte des 17. Jahrhunderts häufig erwähnten Katechisten¬ prozessionen übernehmen —wie bereits gesagt — mit dem Zurücktreten der Karfreitagsprozessionen deren Funktion. Auch sie erfahren reiche Ausgestal¬ tung, die unter starkem Einfluß des Schuldramas steht. Im Bericht über die Prozession des Jahres 17472) wird sie eingehend beschrieben. Vorange¬ tragen wurden Schutzengelfahnen und unter der Schar der Knaben befand sich eine lange Reihe „Aloysianer“, die nach spanischer Sitte gekleidet waren und vom hl. Aloysius mit zwei Engeln angeführt wurden. Auch wurden die bei anderen Prozessionen üblichen „fercula mitgeführt, die allerdings dem Anlaß entsprechende Bilder trugen wie z. B. der seinen Eltern gehorsame Jesus, Tobias, seinem Sohnes weise Lehren gebend, u. dgl. Bemerkenswert ist auch bei diesen Prozessionen, das sie dem Anlaß entsprechend eine ausgeprägte Eigenform entwickelten. Das sie eine ähnliche Beziehung zum Drama hatten wie die oben besprochenen Karfreitagsprozessionen, erhellt aus der Bemerkung zum Jahre 1748: Praeter duo feretra pro mora circumlata tria alias vor¬ tata sunt, et actoribus, et picturis ornata. Ein Beweis, das man auch lebende Bilder zusammenstellte und auf Tragbühnen mitführte. In den folgen¬ den Jahren ist fast regelmäßig von „tria feretra“ die Rede, die von den Kate¬ chisten alljährlich mit anderen, dem Anlaß entsprechenden Bildern versehen wurden. Seit 1755 werden diese Tragbühnen überhaupt nicht mehr erwähnt, obwohl die Tradition der Katechistenprozession bis zur Auflösung des Ordens verfolgt werden kann?). Ihnen dürfte ein ähnliches Schicksal wie dem Schul¬ drama widerfahren sein. Anmerkungen Abkürzungen: Haller Passionsspiele — Haller Edmund, Oberösterreichische Passionsspiele, Heimatgaue, 9. In. (1928) I, S. 5557 und 12. In. (1951) Il, S 20055,6L. A. = Litterae Annuae Provinciae Austriae. Mann¬ Skript in der Nationalbibliothek in Wien. Für die Jahre 16551759 Tod. 12218212250, für die Jahre 17401771 Tod. 12154 —12164. 1) vgl. das bei Nagl =Zeidler, Deutsch =österreichische Literaturgeschichte, I. Band (1899), S. 662, über Fronleichnamsspiele Gesagte, das im gleichen Maße für die Karfreitags¬ prozessionen gilt. 2) Dgl. Haller, Passionsspiele I, S. 57 f; Il, S. 25 f. 3) Das bei Nadler Literaturgeschichte des Deutschen Volkes (g. Auflage, 1959), I. Bo., S. 550, vom Drama Gesagte gilt auch für die Prozession. 1. Sodalitas Beatissimae Dirginis in Coelos Assumptae, auch Reginae Angelorum Natae genannt, gegr. 1655 (Studentenkongregation von der Himmelfahrt Mariens); 2. Sodalitas Agoniae Christi in Cruce (Todesangstbruderschaft); 5. Sodalitas Angeli Tutelaris (Schutzengelkongregation); 4. Sodalitas (civica) Beatissimae Dirginis eine habe Conceptae (Bürgerkongregation von der Unbefleckten Empfängnis). Alle vier Kongregationen finden in den L. A. häufig Erwähnung. der genannt welches meist Darstellungen Das labarum, volkstümlich laubrum der¬ bei Prozessionen die nicht von Jesuiten Leidensgeschichte enthielt, fand auch anstaltet wurden, Verwendung. Ogl. Haller, Passionsspiele I S. 58. L. A. 1658. 119

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