Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1953

6. Steyr. Katholikentag der Dekanate Enns, Molln, Steyr und Weyer. Am Sonn tag zelebrierte Bischof-Koadjutor Doktor Zauner vor rund 9000 Gläubigen am Stadtplatz den Festgottesdienst. 16. Losenstein. Im Gartensalon Blasl fand eine Ausstellung heimischer Kunst und des Kunsthandwerkes statt. 20. Steyr. Am Montag fand in An¬ wesenheit des Landeshauptmannes Dok¬ tor Gleißner, der Landesräte Dr. Breit¬ wieser, Plasser, Kolb und Grünbart, der Nationalräte Prof. Neumann und Weindl, des Bürgermeisters Ing. Steinbrecher, des Vizebürgermeisters Paulmayr und ande¬ rer Persönlichkeiten des öffentlichen Le¬ bens die Eröffnung des Zubaues zur Un¬ fallstation und die Gleichenfeier der neuen internen Abteilung statt. Steyr. Ueber den Umbau des Post¬ am Grünmarkt schreibt die amtes 1 „Steyrer Zeitung“ u. a.: „Weder die prak¬ tische noch die künstlerische Forderung ist an der neuen Post in Steyr erfüllt worden ... In künstlerischer Hinsicht ist der Einbau eine Vergewaltigung des alten Kulturgebäudes ... Der alte Klostertrakt gegen den Grünmarkt zu gleicht nun einer ausgefressenen Larve, von der nur mehr ein Teil der äußeren Schale übrig blieb. Ebenerdig sind die tragenden Bau¬ teile zwischen je zwei Fenstern heraus¬ gebrochen worden, um großen liegenden Fenstern Platz zu machen. Die Stütz¬ kraft der alten Mauer ist durch Eisen¬ beton ersetzt worden. Während an den Obergeschossen das Last-Kraft-Spiel des Strukturgefühls der alten Bauweise we¬ nigstens äußerlich noch erhalten blieb erscheint das Erdgeschoß im schärfsten Gegensatz dazu als seelenlose homogene Baumasse, aus der man Fenster und Tü¬ ren in beliebiger Größe und Richtung her¬ ausstanzen kann. Darüber täuscht auch nicht die Steinumrahmung der Fenster und des Portals hinweg, denn sie hat keinerlei architektonische# Bedeutung einer tragenden Kraft, ist eher wie eine Möbelfournier aufgeklebt. Die breiten liegenden Fenster lassen ein Kaffeehaus vermuten, gewähren Einblick hinter die Amtskulissen der Post... Das Portal gibt einen interessanten Blick frei, links in den alten Klostergang, rechts auf einen Glaskasten, an dem die Glastüren zu den Amtsräumen angebracht sind. Die Klin¬ ken der Glastüren aus verchromtem Blech sind im Elefantenstil gehalten. Im gro¬ Ben Amtsraum ist reichlich Marmorfour¬ nier verschwendet wie in einer altrömi schen Weinschenke. Die Wände sind mit Auslagenwellblechmuster Gips aus 126 ornamentiert. Die Wand dem Eingang gegenüber ist mit papierdünner Holzfour¬ nier von unten bis oben bepflastert... Der Glaskasten am Eingang mit dem vielen glitzernden verchromten Blech, die weiten steinumrahmten Fenster, der 52 glänzende Mamor, die gerillten Gips¬ wände, die schimmernde Decke huldigen offenbar einer Lichtmystik Es sei ausdrücklich betont, daß an der Untat am Grünmarkt keine Stelle von Steyr, weder die Stadtgemeinde noch eine private Person aktiv; verantwortlich ist. Der Bau wurde ferngesteuert und haupt¬ sächlich von steyrfremden Firmen ausge¬ führt. Die Stadt selbst ist daran nur passiv beteiligt, indem sie diese Verschandelung ihres Hauptplatzes für immer hinnehmen muß... So aber ist wiederum ein Stück vom alten Steyr ge¬ fallen und die Gefahr heraufbeschworen, daß die Erdgeschosse der alten Häuser der Eisenstadt nach ihrer Schauseite hin nach und nach unaufhaltsam ins öde Einerlei der Fassaden von Warensilos Klublokalen, Garagen, Kinos umgegossen werden. Die Zivilisation schreitet kultur verwüstend voran. Wenigstens diese Ge¬ fahr zu bannen, eine Nachahmung dieses bösen Beispiels zu verhindern, ist ein Ziel dieser Kritik 21. Steyr. Im Versorgungshaus Steyr Industriestraße verbringt einer der letz¬ ten überlebenden Orchestermusiker, die unter dem Dirigentenstab Anton Bruck¬ ners gespielt haben, der aus Pilgram in Böhmen stammende 89jährige Jaroslav Karmazin seinen Lebensabend. Karmazin war vom Jahre 1915—1927 Kapellmeister des Steyrer Bürgerkorps und hat sich wiederholt als Solo-Oboist bei den Kon¬ zerten des Musikvereines hervorgetan, dessen Ehrenmitglied er heute ist. In den Jahren 1889 und 1892 wurde Karmazin. Musikfeldwebel beim 14. Infante¬ damals rieregiment in Linz, von dem Veteranen¬ kapellmeister öfters zur Aushilfe nach St. Florian geschickt, wo er während des Hochamtes in der Kirchenmusik mit¬ wirkte. Bei diesen Aufführungen saß Anton Bruckner an der Orgel. Karmazin erinnert sich mit Vergnügen daran, wie der damals noch nicht so berühmte Kom¬ allerdings nur in ponist regelmäßig den Pausen seine Schnupftabakdose unter den Musikern zirkulieren ließ und allgemein als Bruder des Blasebalgtreters galt, der ihm wie ein Doppelgänger ähn¬ — Im gleichen Altersheim leht lich sah. auch die Witwe des früheren Steyrer Ka¬ pellmeisters und Chordirigenten Franz Kaver Bayer, der ein Schüler und intimer

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