Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1950

Türgewände Aus dem unveröffentlichten Werke: „Baugeschichte von Steyr, Kapitel Architektur", von Oberbaurat Dipl.=Ing. Friedrich Berndt. „Türgewände“ ist die Fachbezeichnung für Türumrahmungen aus Stein, an welchen auch die Türangeln befestigt wurden. Haus= und Wohnungstür¬ gewände wurden in früheren Jahrhunderten oft schön geziert und bilden bei einfachen Häusern sehr oft den einzigen Anhaltspunkt, um die Zeit der Er¬ bauung des Hauses zu bestimmen. Diese Anhaltspunkte sind verläßlicher als die der Fassaden, welche im Laufe der Zeit oft geändert wurden. Meist finden wir in einem Hause nur ein oder zwei Türrahmen geschmückt, die anderen einfach geformt. Sollten die geschmückten Türrahmen die Wohnung des Haus¬ herrn bezeichnet haben? Jede Stilzeit hatte ihre eigenen Schmuckformen, was durch Vergleichen der drei Tafeln leicht zu erkennen ist. Außerdem war es aber auch nicht gleichgültig, ob der Steinmetz das Gewände für ein kirchliches oder ein pro¬ fanes Gebäude arbeitete. Gotische Türgewände. (Tafel l.) Fig. 1 zeigt uns ein Gewände im Vorstadtpfarrhaus. Es ist im Jahre 1305 gearbeitet worden. Aus den gedrehten Säulenstützen wachsen die Stäbe, welche oben durch einen krummen Stab gekreuzt werden. Da das Vorstadt¬ pfarrhaus vor der Errichtung der Pfarre St. Michael im Jahre 1785 die von Königin Elisabeth zum Bürgerspital im Jahre 1305 erbaute Kirche war, ist zu vermuten, daß das Gewände zur Sakristeitüre gehörte. Fig. 2 ist ein Gewände einfachster Art aus der hochgotischen Zeit, wie dies der Spitzbogenabschluß zeigt. Er befindet sich im Gasthaus „Zum gol¬ denen Ochsen“ am Stadtplatz. Fig. 3. In der Spätgotik ist der Spitzbogen bei den Türen fast nicht mehr zu finden. Der hier gezeigte Vorhangabschluß eines Durchganges ist überaus kunstvoll konstruiert. Das Stabmotiv ist vorherrschend. Dieses Ge¬ wände ist im 1. Stock des Hauses Kirchengasse 16 zu finden. Fig. 4 stellt ein Türgewände der Spätgotik im Bummerlhaus mit schö¬ nem Maßwerk über dem horizontalen Gewändeabschluß dar. Die oberen Ecken konsolartig ausgefüllt. sind Fig. 5 stellt einen Durchgang mit einem Eselsbogen als Abschluß dar. DasHaus Stadtplatz 34, in dem derselbe sich befindet, ist in der Renaissance¬ zeit stark umgebaut worden, doch hat man viele gotische Bestandteile belassen. Türgewände der Renaissance. (Tafel II.) Fig. 1. Das einzige Türgewände im Hause Stadtplatz 44 zeigt im Quer¬ schnitt nicht mehr die Stabformen. Wie in der Zeit der Gotik bildet ein Sockel¬ fuß den Abschluß des Profiles. Charakteristisch für die Zeit der Renaissance ist der verschieden gestaltete Türgiebel (segmentförmig, dreieckig, horizontal, geradlinig etc.). Ein Schild in der Mitte des Türrahmens mit der Hausmarke des Besitzers und den Anfangsbuchstaben seines Namens läßt einen Schluß 105

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