Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1949

Sicher hat es der Soldat selten im Leben so gut gehabt wie jetzt, da ihm die Mirl zugesteckt hat, was sie nur konnte. Sagen muß ich aber — und nicht ohne Vorbe¬ dacht —: unser Vaterlandsverteidiger mußte als Leib¬ 7 bursch eines Hauptmannes immer in dessen Nähe chlafen und mit Einbruch der Nacht schön brav zu Hause sein. Nun kommt die Hauptsache an diesem Geschich¬ telein. Frug einmal die Mirl ihren Verhimmelten 2 neugierig genug: „Därf eppa wohl wissen, wie di 20 schreibst, Schatz?“ „Freili wohl“ antwortete er darauf gelassen und sozusagen überlegen. „Ferdl heiß i!“ „Ferdl? Schaut's! Ein schöner Nam... Bist 6 her z' Haus? He?“ weit Im gleichen Phlegma er: „Gar ka Spur, Schat¬ zele, ganz in der Nähe von Pinzelstätten bin i z' Haus.“ AWas d' nit sagst!“ dehnte sie jedes Wort. „Leben sicher deine Eltern no, Vatern und Frau Mahm? „Du, dös is eine traurige Geschicht!“ lud auf diese Frage der Militärist breiter aus und machte zu Anfang seiner Rede ein verzweifelt trauriges Gesicht. „Schau, so kann's gehn auf der Welt: Vater hab i nie einen gekannt — wie's halt schon so zutreffen kann. Die Mutter war Kuhdirn in Stadelhofen. So weit geht mein Erinnern. Aber daß i auf mei Mutter b’sonders zurückkomm! Dö is von Stadelhofen schon vor hübsch einigen Jahren fortgewandert, weiß gar nit, wohin. Is mir a gleich, dös muß i schon sagen. So a Mutter, dö sich nie gekümmert hat um mi! Hab sie schon seit meinem achten Jahr nit mehr g’sehen und möcht sie heunt wahrscheinlich gar nimmer erkennen. Wia i mi stark ver¬ ändert hab in dera langen Zeit, wird a sie der Früheren wenig mehr gleich¬ chauen. Und Wunder war's kans, wenn i sie nimmer kennen tät. Schon als Schulerbübel war i bei einem Bauer für die Kost in Dienst. Dann fort, weit weg in d' Stadt eini, in die Lehr. Nachher auf die Wanderschaft, und z'guter Letzt haben s’ mi zum Militär g'steckt. Siehst, dös is mei G'schicht. Na, g'fallt sie dir? In der Sumperer Mirl ist bei dieser Erzählung eine merkwürdige Unruhe aufgezuckt. G’spassig... nit schön von deiner Muttern!“ ist ihre Gegenrede gewesen. „Wirklich g’spassig, sag i dir! Aber wie heißt d’ denn mit deinem zweiten Namen nach der Familie?“ „Schau, wie neugierig! Is a nix weiter dabei. Sag dir's halt, wenn's schon durchaus wissen willst: Ferdl Sumperer heiß i.“ Sumperer?“ hat die Dirn langgedehnt nachgeäfft, als wollte sie jeden Buchstaben von dem Namen wiederholen. Der Soldat wurde ärgerlich ob dieses Ausfragens und kehrte den Spieß um. „No, was is dran gar so viel gelegen. Dirndl? Ferdl! Oder wenn's es so lieber hörst: Ferdinand Sumperer. So hiaz hast mir aber gnua g’fragt und hiaz komm i an die Reih. Wie heißt denn du? Da hat das Frauenzimmer geschnappt, als sie herausstotterte: „I heiß, i heiß, Urschl Pumperer heiß i. Ja wirklich wohl!“ „Recht ein schöner Nam'l sagte darauf der Ferdl Sumperer, der auf Ver¬ legenheiten der Frauen nie ein besonderes Gewicht gelegt hat und daher höchst unbefangen geblieben ist.“ Ein schöner Nam', mit meinem sogar verwandt: 121

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