Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1926

Bella. Die Geschichte einer überflüssigen Kreatur. Von Carl Dant. Organ besaß, sie eindrucksvoll vorzu¬ Schon als Gottlieb Gräber das tragen. Schon nach wenigen Tagen hatte erstemal seine Wohnung wechselte Gottlieb erkannt, daß dieses Tier, das nachdem nämlich seine Wirtin das sie¬ Bella gerufen wurde, das gerade Wider¬ bente und seine Flurnachbarin das neunte spiel seines eigenen Charakters war. war Kind zur Welt gebracht hatte Weit entfernt von Weichheit und wehem ihm diese Flucht als Mangel an Kinder¬ Insichhineinkriechen war Bella bloß liebe ausgelegt worden. Den schweren Nackenhaarsträuben, bloß vorgestreckte Tadel, jedes musikalischen Empfindens Schnauze, die sich zähnefletschend und bar zu sein, zog er sich zu, als er seine unter wildem Gebell wie dieses gehört, zweite Wohnung fluchtartig verließ, wo das scharf, gellend, aufreizend und mark¬ wochentags jedes Familienglied ein In¬ erschütternd über alle Höfe und Hinter¬ strument spielte, während Sonntags das gärten der Nachbarschaft drang und in gesamte Familienorchester mit Ziehar¬ wenig geschwächtem Echo von den monika, Zither, Guitarre, Handklapper Mauern der winklig stehenden Häuser und Topfdeckeln der hehren Frau Mu¬ zurückprallte. Niemals aber glaubte auch sika hingebend und ausdauernd zu Gottlieb einen Hund von so abscheulicher opfern nicht müde wurde. Häßlichkeit gesehen zu haben. Rund und Er war ein gezeichneter Mann, ett wie eine Walze ruhte der Körper als er die stille Wohnung in einer Neben auf den gedrungenen Beinen, geduckt straße der Vorstadt bezog. Jedenfalls kam den Kopf auf dem fleischigen Hals, wäh¬ er sich selber so vor; denn das Bewußt¬ rend das Maul mit den gefleischten sein, daß ihn das zerfleischte, was andere Zähnen unter der gespaltenen Oberlippe roh und heiter stimmte, brannte wie ich dampfend und geifertriefend gegen Gift in seiner Seele, und in dem nieder¬ den Feind richtete. Bella erschien ihm drückenden Gefühl seiner Unzulänglichkeil wie die Fleisch und Stimme gewordene als Ehrenbürger begann er diesen neuen Habgier und Herrschsucht, die gewillt Daseinsabschnitt im Hinterzimmer der war, mit Gebell und Gebiß jedem an Witwe Malow in der Schwerinergasse. die Gurgel zu fahren, der ihr zu nahe Es dauerte gar nicht lange, als sich treten wollte. gewisse Anzeichen bemerkbar machten, Aber wiewohl sich alles in Gottlieb die Gottlieb in diesem Gefühl bestärkten. gegen dieses Tier auflehnte, das ihm die Diesmal war es ein Tier, welches daheim verbrachten Stunden zur wahren ihm die unselige Schwächlichkeit seiner Hölle machte, so hütete er sich doch Weltanschauung beschämend zum Be¬ ängstlich davor, sein Mißvergnügen dar¬ wußtsein brachte. Sein Hausnachbar, der über auszulassen. Denn die Tatsache, daß Kriminalschutzmann Rasselbarth, hatte kein einziges Wesen des ganzen Hauses einen Hund, der nicht nur über eine von dem Gebell überhaupt Notiz nahm Weltanschauung von unbeirrbar brutaler sprach nur allzu deutlich für seine krank¬ Kraft verfügte, sondern der auch das 79

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