Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

zu Mund. Es flog in die Bauernhaufen vor Schloß Freyn, die wieder neuer Zuzug bekommen hatten, und verschaffte den Belagerten Luft. Bei den Belagerern sie herrschte vorerst wilde Verwirrung, glaubten schon die gefürchtete Herrenfaust im Nacken verspüren; als sie aber dessen inne wurden, daß eine Hoffnung au gnädiges Anhören ihrer Bitten und Beschwerden bestand und daß die Ge¬ horsamen nicht bestraft werden sollten schlichen da atmeten sie auf und auseinander. Herr Abraham Grünbacher trium¬ phierte und erhielt wieder die Röte au seinem feisten Gesicht zurück. Breitspurig chritt er durch den langen Bankettsaal des Schlosses und focht heldenmütig mi Worten und Händen. Dann rief er den Amtsschreiber und diktierte ihm lang und ausdrucksvoll. Er wollte hinter dem Statthalter in punkto Mandat nich zurückstehen und ein Entwurf folgte dem je anderen, bald mild, bald streng, nachdem er der überstandenen Gefahr oder der Schrecknisse auf dem Frankenburger Kirchenplatz und des auf seine Brust gerichteten Pistols gedachte. Als ihm gemeldet ward, daß die seien Bauernhaufen gänzlich abgezogen befahl er die Rückkehr nach Franken¬ burg. Er wollte den verwundeten Don Baldassar Zalaoga im Schlosse zurück¬ lassen; der aber sträubte sich. Ich bin sagte er der Frankenburger Pfarrherr,“ fest, „ich gehöre auf meinem Posten. Corpus Christi, andere Streiter des Herrn haben mit ganz anderen Wunden weitergekämpft. Die paar Flecken und Schrammen sollen mich nicht hindern“. Und auch er zog, einen Verband un die Stirne und auf einem Maultier, ein wenig ächzend wieder in Frankenburg ein, in dem eine große Stille herrschte. * * * Einen Tag danach saßen im Paum¬ gartingerischen Wirtshaus „Zum großer Glück die Bauernführer beisammen und berieten, was nun zu tun sei. Es war jetzt ein anderes Wesen in der großen 2 49 Stube als kurze Zeit zuvor, da in ihr begeistertes Tosen gehallt und die Hoff¬ nung auf bessere Zeiten die Leute aus dem grauen mühevollen Alltag in eine phantastische Welt gerissen hatte. Die junge Wirtin war recht verzagt. Sie weinte nicht, denn sie war stark und wollte ihrem Veit nicht die bittere Ent¬ täuschung merken lassen, die ihn nur allzusehr gefangen genommen hatte. „Das hab' i mir anders denkt, agte der Wirt sorgenvoll und hieb die Faust auf den Tisch „Weißt noch, wie der Fremde da hat g’redt vor euch?“ flüsterste die Wirkin. „Ihm hat's geschwant, was kommen wird. Recht hat er gehabt.“ „Recht hat er gehabt,“ gab Paum¬ gartinger zu, aber was hätten wir denn anders tun sollen, han? Hat er einen Rat ’geben, der Fremde, der Händ' und und Füß' hat gehabt? Geduld das is ein schöner hat er g'sagt —— Rat, und er pfiff vor sich hin. Der alte Marktrichter Sebastian Nader sagte: „Wir sein zu gach gewest. Wir hätten einen Plan haben sollen. Das is's. Frankenburg is nit das ganze Landl. Wir hätten an ein' Tag in allen Ge¬ meinden losschlagen sollen, nit in einer. Aber die Frankenburger haben uns aufgehetzt. So,“ rief der Schuster Scheichl aus Frankenburg, „'leicht i? Das i nit lach! I hab' mi' um die ganze Sach' wenig angenommen, sehr wenig. „Red' nit so“ lachte der Wegleitner Hörleinsperger höhnisch. „Du und der Neuhödl, die ihr beide Frankenburger seid, habt in Frankenburg das große Wort geführt. Der Frankenburger Sonn¬ tag war euer Werk. Du hast dem Ober¬ CC pfleger 's Pistol aufs Herz gesetzt — „J?“ fuhr der Schuster auf, „Jesus um Gotteswillen! Wie ein Christ nur so was sagen kann. Eine Lug is's, eine stinkende Lug! Aber du willst mi' zum Radelsführer machen, wie's im Mandat heißt, und bist selber ein Radelsführer. Manner, is's wahr oder nit?“ wandte er sich mit banger Frage an die andern. 4

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