Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

42 was is, und nit, was sein wird. Und itzt sein Taten not!“ „Taten!“ rief der Fremde. „Sie sollen getan werden. Aber sie wölln auch vorbereitet sein. Stein für Stein muß zusammengetragen werden für die Stein¬ lahn, die unsern Erbfeind soll zerschmettern Und i hab's 'tragen, die Stein', in müh¬ seliger Arbeit. Soll die Arbeit vor nichte ein, wollt ihr sie verderben zu eurem Schaden?“ „Wer verdirbt dir was, du Gro߬ □ maul; schrie eine grobe Stimme. „Hast nur du das Recht, in unserer Sach' zu arbeiten, und mir selber nit? Was is dei' Werk, wo is es denn? Wer bis denn, daß mir auf di' warten sollen, daß mir tun sollen, wie du willst, di Hergeschneiter?“ „Wer i bin?“ antwortete der Fremde „Ein Bauer bin i, der das ganze Bauern¬ leid hat 'tragen auf seinem Buckel viele viele Jahr'. Hört mi an, Leut'! Im Kriegs¬ dienst bin i gewest in jüngeren Jahren bin viel in der Welt um'kommen, i kenn die Welt. Hernach hab ich friedlich ein Handwerk betrieben auf mein' Hof neber der Bauernwirtschaft, bin ein Huterer gewest, hab' Weib und Kind gehabt und mi' redlich Pplagt, wie nur irgend einer. Und hab' mein' rein evangelischen Herr¬ gott treu gedient und war dem Kaiser treu, der nichts nit weiß von dem, was mit uns geschieht. Da haben sie mi' als Rottierer verleumd't. Und bin vor's rote Malefiz 'kommen. I, der treue Mann Wer mir das 'tan hat, i weiß es nit, dem Herrgott weiß es. Unschuldig — unschuldig! Sieben Jahr', sieben Jahr', Leut', war 74 eingeturmt, in Ketten und in ein' Loch. Sieben Jahr', kunnt's euch das aus¬ denken? Dann haben sie mi' freigeben müssen. Mei' Hof und Land war ver wüst't von den Kriegsknechten, die sic mir eingelegt haben gehabt und die ge¬ wirtschaftet haben wie die leibhaftigen Teufel. Weib und Kind waren gestorben.“ Er atmete stark in verhaltener Bewegung. „Mei' Schwesterl hat si' gerettet g’habt und mit der hab’i wieder von vorn an¬ g'fangt. Aber, Leut', i bin nit mehr der¬ selbige gewest wie ehevor. Mei' Herz is Marmelstein worden. Nichts anderes hab i mehr aufdenkt, als wie mi' sollt rächen und wie i das Landl, das gerade so ge¬ litten wie i hab gelitten, kunnt befreien mit meiner Rach'. Und Stein auf Stein hab’ i zu diesem Werk — mein' Werk! zusammen'tragen. Aber das Werk is no' nit fertig. Jahr und Tag mag ver¬ gehen, bis daß die Steinlahn schmettern kann auf die Bauernschinder, aber es wird geschehen, es wird. Nur nit vor¬ greifen. Nur nit ein Stückel von der Steinlahn herabrumpeln lassen — und der größte Teil bleibt oben. D’rum bitt' — i euch, Leut', Landsleut und er hob beschwörend die starken Hände — „geht itzt nit weiter. Tragt geduldig, biß daß es Zeit is. Itzt seid ihr ein elend Häuflein vor dem Eisenschritt der Herberstorffschen und bayrischen Armada — dann werdet ihr selbst eine Armada sein. Wartet, bis daß es an der Zeit is.“ Die starke Stimme verstummte, es war eine große Stille in der Stube, in der es nun ganz finster war. Man hörte das Schnaufen der Männer. Endlich rief einer: „Licht macht's. Es is bang in der Finster'.“ Der Wirk schlug Stahl auf Stein. Ein Lichtpünktchen erklomm, gloste im Zunder, endlich brannte ein Kienspan. Span nach Span entzündete der Wirk und steckte sie in die eisernen Oesen an den Wänden. Auch auf einen großen massigen Eisenständer steckte er die brennenden Späne und stellte den Ständer auf den Tisch. Unsicher und flackernd brannten die Flammen, die Leute redeten wieder, erst flüsternd, dann lauter, endlich war das alte Stimmengewirr wieder da. Der Fremde stand noch immer da und blickte auf die rotbeleuchteten Köpfe vor ihm Endlich sprach ihn der alte Abraham Hammer an: „Gut hast gered't, Mann' und i hab' nichts nit wider di'; aber Erward unterbrochen. Junge Bauern schrien dazwischen: „Laßt den Achaz reden! Der Achaz will reden!

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