Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

12 auszugehen. Max drückte sich nicht ganz klar aus, er sagte nicht, wann und wohin. Mitunter litt sie an Verstopfung. Ich war paff über diesen Ausdruck und wurde puterrot, als ich das vorlesen mußte, aber das war das Schlimmste noch nicht. Er schrieb weiter mitunter sei sie kälter als eine Hundeschnauze, dann wieder so heiß, so glühend, daß man sich die Finger verbrennen könnte. Von einem Abend schrieb er, sie hätten in einem Gutshof übernachten wollen. Er habe gesprächs¬ weise der Wirtin gegenüber angedeutet, daß er Ires mit hinauf in sein Schlaf¬ zimmer nehmen wollte, doch die alt¬ modische, prüde Dame habe bei der bloßen Andeutung schon einen großen Skandal gemacht. Ich hälte die Dame dafür küssen können. Als ich das vorlas, machte selbst Frau Walden ein entsetztes Gesicht. „Von wo schreibt er eigentlich?“ fragte sie mit einem Stirnrunzeln. „Von Heidekrug“. „Das kenne ich. In meinem Auto könntest du in einer knappen Stunde hinkommen“ „Was meinst du damit?“ fragte ich. „Das ich will, du möchtest gleich hinfahren und Max sagen, wie entrüstet ich über sein Benehmen bin. Ich kann nicht, deshalb mußt du“. Im ersten Augenblick blieb mir bei diesem Vorschlag das Herz stehen, im zweiten sprang ich auf, bereit zu allem. Ich überlegte nicht lange. Auch ich mußte Max meine Meinung offen und klar agen, ich wollte auch diesem gräßlichen Frauenzimmer, dieser Ires, meine An¬ sichtüber sie nicht verschweigen. Frau Waldens Wagen wurde be¬ tellt. Ich stieg ein in hellster Kampfes¬ timmung. Während wir dahinflogen, überlegte ich immer wieder, was ich den beiden zu sagen hatte. Endlich kam Heidekrug in Sicht Obwohl ich es mir damals nicht gestehen wollte, war das Nest doch himmlisch chön gelegen. Etwas abseits vom Dorfe, hart am Ufer des Flusses lag ein kleines Zelt. Es war das einzige weit und breit, und ich wußte, daß ich am Ziele war. Ich stieg aus, kletterte über einen niedri¬ gen Zaun und ging über eine Wiese. Mein Herz schlug wie ein Schmiede¬ hammer. Kein Mensch war vor dem Zelt zu ehen. Ich hörte keinen Laut, doch ich roch etwas — etwas Scharfes Wider¬ iches, als brenne etwas an. Ich stellte mir ein liederliches Geschöpf vor, das auf den schönen Namen Ires hörte und ettriefende Pfannkuchen in Rüböl buk. Als ich noch unentschlossen dastand und überlegte, was ich zunächst kun sollte, trat Max aus dem Zelt. Er starrte mich an ich starrte ihn an. 4 „Verdammt: rief er, „wo kommst du her?“ Ich ignorierte die Frage und sagte ineinem eisigen Tone: „Ich glaube, es schickt sich nicht für mich, hineinzukommen“ „Es mag sich wohl schicken, nur ist es fürchterlich unordentlich da drinnen; antwortete er mit einer verzweiflungs¬ vollen Gebärde hinter sich. „Dann will ich das, was ich zu agen habe, hier draußen sagen“ fuhr ch los. „Ich komme im Auftrage deiner Mutter, um dir zu bestellen, daß sie dein schamloses Leben einfach entsetzt hat. Anstatt dieses skandalöse Beginnen möglichst zu vertuschen, schreibst du alles lang und breit in deinem Briefe und bringst mich in eine Situation, die sich kein anständiges Mädchen gefallen lassen kann. Es ist ja wahr, wir haben uns gezankt, und unsere Heirat war sehr ungewiß geworden, doch da die Ver¬ lobung noch nicht offiziell aufgehoben war, hättest du warten müssen, bevor du dein gebrochenes Herz in einer olchen empörenden und für mich ent¬ ehrenden Weise durch diesen Ersatz zu¬ sammenkitten wolltest“. „Aber, mein liebes Kind“ fuhr er beleidigt auf. „Laß das liebe Kind beiseite“, sagte ich mit einem Fuß aufstampfend, „du weißt anscheinend mit schlechten Mädchen besser Bescheid als mit anständigen, wie

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