Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

192 gefürchtete Raubritter und unbändige Lehensmann Herzogs Albrecht III. Groß und starkknochig von Gestalt, mit wetterharten Zügen und wildtrotzigen Augen, bot seine mannhafte Gestalt das Bild eines Adeligen jener Zeit, der nur sich selbst als Herrn erkennt, und die Art und Weise allein, wie er seinen Brüdern Matthäus und Andreas derb die Hände schüttelte, spiegelte schon sein rauhes Wesen wieder. Für Herrn Wolfgang hatte er nur ein mürrisches Kopfnicken zum Gruß, das dieser, seinen Platz am Fenster behaltend, ebenso erwiderte. Matthäus von Rohr hatte einen vollen Humpen ergriffen und trank dem soeben angekommenen Bruder den Willkomm zu. „Hie allweg gut Rohr“! sagte er und nippte von dem Weine, dann reichte er den Humpen seinem Bruder, der mit einem hastig hervorgestoßenen „Zu allen Zeiten“ rasch das Gefäß ergriff und erst nach einem langen Zuge auf den Tisch stellte. „Das erquickt,“ sagte er lachend, „sind scharf geritten — wollte die zwei Salz¬ burger Herrchen noch vor der Nacht hie¬ herbringen, könnten sich sonst verkühlen, sind derlei Scherze wahrlich nicht ge¬ wöhnt.“ „Gings scharf her, als du sie auf¬ hobst“? frug jetzt Andreas von Rohr. „Ei, woher denn,“ lachte Wilhelm von Rohr und lüftete die Sturmhaube, „die die ehrsamen Steyrer schliefen um Mittagstunde oder atzten sich gerade, mit samt ihrem sorgsamen Landesvater, als mir die zwei Salzburger Gesandten am Stadtplatz in die Hände förmlich hinein¬ liefen. Nur ein so ein junges Fant wollt da ein Heldenstück ausüben und stellte sich uns in den Weg; der Narr —er kam nicht zum Besten weg dabei. An¬ sonsten gings ja glatt ab, Dank des köstlichen Einfalls, uns als herzögliche Söldner zu vermummen! Werden gleich ihre Aufwartung machen, die zwei von Salzburg — sind geschmiegelte und wohl¬ genährte Herren. „Werden ihnen schon etwas abzapfen von ihrem Fett,“ lachte Matthäus von Rohr in wilder Freude, „wer Haare —.“ hat, kann welche lassen „Und die habens, Donner und alle Wetter,“ fiel Ritter Wilhelm von Rohr wieder ein und ließ sich auf einen Stuhl nieder. „Sollt gleich hören wie die Vögel singen können — da bringt man 77 man sie schon herein Ein Geräusch von vielen und schweren Schritten die Stiege herauf, verkündete die Ankunft der Erwarteten; die hohe schön geschnitzte Tür des Rittersaales öffnete sich und herein traten die zwei Gefangenen, ihrer Fesseln ledig, aber umgeben von einer Anzahl Reisiger, die sie scharf im Auge hielten. Matthäus und Andreas von Rohr traten etwas abseits vom Tische, so daß die Ge¬ fangenen etwa zehn Schritte vor Wil¬ helm von Rohr standen, während das Gefolge an der Tür zurückblieb und Herr Wolfgang sich das, was jetzt ge¬ sprochen wurde, vom Fenster aus an¬ hörte. Die beiden Gefangenen waren so er¬ schöpft, daß sie kaum sich auf den Füßen halten konnten, doch musterten sie des ungeachtet mit raschen Blicken die Rohrer. Wilhelm von Rohr, der den rechten Arm auf den Tisch gestützt hielt und den Ritter und den Priester abwechselnd mit seinen blitzartigen Blicken ansah, ließ ihnen nicht viel Zeit zu ihrer Musterung. „So,“ sagte er, und es lag unend¬ licher Hohn in der Betonung seiner Worte; „da wären wir nun auf Leon stein, ihr Herren, und ich, — Wilhelm, heiße— der älteste derer von Rohr euch in meinen und im Namen meiner Brüder Matthäus und Andreas —“ er deutete auf die ihm zur Seite stehen¬ den beiden gleichgesinnten Brüder, während er Wolfgang vergessen zu haben schien — „herzlich Willkommen!

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