Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

und ehe der Ritter, dessen Hand sofort an den Schwertgriff gefahren war, das¬ selbe ziehen konnte, waren schon einige Knappen von den Pferden gesprungen, hatten bereitgehaltene Schlingen um die Oberkörper der beiden Fußgeher ge¬ worfen, sie so angezogen, daß diese sich nicht zu bewegen vermochten und hoben sowohl den Ritter, als auch den Priester auf Pferde, deren Reiter sie mit kräf¬ tigen Armen umschlangen. Im Nu waren die abgesessenen Reiter wieder in den Sätteln und die ganze Schar sprengte, die beiden Gefangenen, denn das waren sie wohl jetzt, in der Mitte, im rasenden Galopp wieder den gekommenen Weg zurück. Die ganze Sache war das Werk einiger Minuten gewesen. Es mußte dieser Ueberfall wohl vorbereitet gewesen sein, da er so glatt ausgeführt werden konnte. Junker Wigbert hatte, als die Schar gegen die Enge zu an ihm vorüber¬ sauste, unwillkürlich sein Pferd ange¬ halten und seinem das Gleiche aus¬ führenden Knappen fragend angesehen. „Sind herzogliche Söldner,“ meinte der Knappe „scheinen irgendwo gut ge¬ zecht zu haben —“ „Teufel,“ rief der Junker, als er sah, wie die beiden ihnen entgegenkommenden Fußgeher so rasch zu Gefangenen ge¬ macht wurden, „das sind keine Söldner — da handelt es sich um andere Dinge Aber schon kam die Schar zurück. „Zu Hilfe,“ schrie der Priester angst¬ voll auf, als er den Junker und seinen — wir Knappen gewahrte, „rettet uns — sind Abgesandte des Die anderen Worte verloren sich in dem Lärm — der Junker aber hatte das Schwert aus der Scheide gerissen und sprengte, ohne Ueberlegung was er tat, mit hochgeschwungenem Schwerte der Reiterschar entgegen; sein Knappe Kurt, der sah, wie sich sein Herr zur Rettung der beiden Gefangenen so mut¬ voll in die Gefahr stürzte, tat das Gleiche. 181 „Aus dem Wege, oder ihr seid des Todes, donnerte ihnen der Ritter ent¬ gegen, der die Reiterschar führte, und und auch in seiner Faust blitzte das Schwert. Im nächsten Augenblicke schon waren die beiden aneinandergeraten, die Klingen stoben Funken von dem Hieb und dem Junker entsank das Schwert. Ohne sich in einen weiteren Kampf einzulassen, raste der Ritter mit den Söldnern nun davon, den Pfarrberg hinauf und alle waren bald den Blicken des Junkers entschwunden, der mit Mühe sein Pferd zurückgehalten hatte, das den andern nachdrängte. „St. Johannes, das muß die höllische Jagd selber gewesen sein,“ sagte Kurt, der abgesessen, um das Schwert auf¬ zuheben, das seinen Herrn entfallen war, „was das wohl bedeuten mag“? „Vorläufig wohl nur soviel, daß ich eines abbekommen habe auf den rechten Arm,“ entgegnete der Junker, „und des¬ halb das Schwert fallen ließ. Halte mein Pferd, ich muß absitzen und nachsehen was es gibt“! „Ei, um aller Heiligen willen, Junker, ihr blutet ja,“ rief da Kurt, der jetzt sah, wie das Blut aus dem Aermel des Wamses floß und des Junkers rechte Hand rot färbte, „es ist doch nicht gar zu arg“? der „Wird nicht viel sein,“ brummte ein Junker, den Arm untersuchend, hätt Hieb ins Fleisch, Gott sei Dank, können bös werden mit dem Arm! Laß uns zum Brunnen gehen, damit du die Wunde auswäschst und verbindest“. Während nun der Junker mit seinen Knappen zum Brunnen eilte, hatte sich der Stadtplatz, der des Mittags halber während des Auftrittes fast leer ge¬ wesen war, belebt. Der Lärm und das Waffengeklirr hatten nicht nur Männer und Frauen der Häuser des Stadtplatzes an die Fenster gelockt, sondern es traten viele Bürgersleute aus den Haustoren heraus, man besprach die Sache, und da man nicht klug werden konnte, was

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