Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1915

„Nicht doch,“ sagte der Herr Herzog einer augenblicklichen Eingebung folgend, und lächelte, „weißt du, Alter, du er¬ innerst mich eben zur rechten Zeit daran, daß der Turmwart gar sehr bresthaft ist und wir ihm eine Aushilfe geben müs¬ en — der Herr Gerung soll den Hellwig — ist ein ruhiger Posten dazu nehmen für ihn — werden schon leben können von dem Einkommen, die zwei, und später — wollen dann schon wieder ein¬ mal nachfragen.“ Und der Herzog grüßte freundlich den Alten und bog hastig in den Weg ein, der zum Schloß führte, da er ich dem Danke des Alten entziehen wollte. Sein Antlitz zeigte tiefe Be¬ friedigung, wie wenn er mit dem, was er soeben getan, so recht sich nach seiner Herzensneigung habe ergehen lassen können, und der alte Aribo, der sei¬ nem Gebieter im Weiterschreiten nach¬ sah, murmelte freudig: „Erhalte ihn der Himmel unsern gnädigsten Herrn — ist echt Traungauer¬ blut, so in ihm rollt, etwas scharf zu¬ weilen, aber gut — herzensgut. Auf was für Gedanken einen doch ein alter Rabe bringen kann!“ XVIII. Als der Torwart sein Wohnstübchen, in das vom Torweg ein zweiter Ein¬ gang hineinführte, betrat, fand er da¬ elbst Hellwig am Tische sitzend, der eben im Begriffe war, ein Schinken¬ bein abzufasern und dazu aus einem mäch¬ tigen Humpen ab und zu einen Schluck zur Stärkung zu tun, während Eva und ihre Mutter um ihn her standen und seinen Worten lauschten. Ei, da bist du ja Hellwig,“ rief J ihm der alte Aribo erfreut entgegen und schüttelte dem Jungen, der aufgesprun¬ gen und ihm entgegengeeilt war, derb die Rechte, „Gott grüß' dich, hast doch deinen Auftrag wohl bestellt? „Ist so,“ nickte Hellwig, „war zu¬ frieden mit meiner Schnelligkeit, der 51 Herr Herzog Heinrich — da seht, wie reich er mich belohnt hat dafür. Und er entleerte eine Tasche seines Wamses auf den Tisch und wohl mehr als zehn Goldstücke rollten in lustigem Gekling durcheinander. „Langt wohl für die Heiratsaus¬ stattung?“ fragte er mit einigem Stolz und sah Eva an, die freudig lächelnd die Hände zusammenschlug und staunend das viele Geld betrachtete. Glaub schon,“ brummte der alte Aribo freundlich und schob die Goldstücke auf ein Häufchen zusammen, „ist ein guter Anfang, fehlt noch das sichere Brot dazu — haben's auch, will's euch nur gleich sagen —“ „Wie — was?“ tönte es aus drei Kehlen freudig durcheinander, „was sagt ihr da?“ „Jetzt nicht mehr,“ meinte der Tor¬ wart mit geheimnisvollem Lächeln, „ist noch nicht ganz abgewickelt die Sache, aber ganz sicher, — drum versorgt mir derweil den Burschen da — der Herr Herzog will es so und hoffentlich ihr alle auch —“ Und der alte Torwart kramte aus einem Tuche, in das er den Raben vorsorglich eingehüllt hatte, das Tier heraus und stellte es auf den Tisch, dabei erzählend, wie er zu dem „alten Krüppel“, wie er ihn zärtlich nannte, gekommen sei. Da war nun des Er¬ staunens und des Bedauerns für das arme Tier unter seinen Weibsleuten gar kein Ende, auch des Herzogs Güte wurde gebührend gelobt, bis endlich der Torwart sagte: „Na — schon recht, aber jetzt packt den alten Krüppel da nur zusammen und seht zu, daß er was zu knuspern kriegt und daß ihr ihn wo unterbringt — haben ja der Winkel genug dazu weißt nicht, warum du drunten zu Wien warst, he?“ wandte er sich an Hell¬ wig. „Wohl,“ sagte der gar stolz ob sei¬ ner Sendung, „handelt sich um die Heimkehr der hohen Gäste unseres 11*

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