Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1912

Schweigend und ohne eine Miene zu verziehen, gehorchte er. „Gebt mir den Degen!“ befahl jetzt der Kommandeur, da er sah, daß einer der Reiter die Waffe an sich nehmen wollte. Er betrachtete den Degen lange aufmerksam. „Kennt Ihr den Degen, Haupt¬ mann?“ fragte er diesen, „mich dünkt, ich gürtete ihn selbst um Eure Hüften; —77 das Wehrgehänge ist noch „Sprecht ihn nicht aus, den Namen derer, die Euch schon längst vor Gottes Thron verklagt!“ fiel der Jüngling heftig ein und blickte den Vater zornig an, „als heilig Kleinod hab ich's stets betrachtet, geschändet wird es nur durch Eure Hand!“ „Das mir, Bube?“ knirschte Ralstädt und donnerte, gegen die Wache gewen¬ det: „Führt ihn ab! Mit Eurem Leben haftet ihr mir für das seine!“ Die Reiter zögerten. „Vorwärts! kommandierte 7 der Oberst, und alle drei wandten sich zum Gehen. Noch aber hatte Axel erst einige Schritte vorwärts getan, als er noch¬ mals sich umwandte, das große, feurige Auge in zärtlichem verzehrenden Aus druck auf die Geliebte heftete, die schluchzend und unvermögend, ein Wort zu sprechen, in ihres Vaters Armen ruhte. „Klara! Ich scheide!“ sagte er dann schmerzlich. „Lebe wohl — auf Nimmerwiedersehen!“ „Axel!“ schrie die Jungfrau entsetzt auf bei diesen Worten und sah ihm in tödlicher Spannung in das Antlitz. „Ich sterbe! Liest du mein Urteil nicht in dieses Menschen Augen? Lebe wohl! Gedenke mein! Da strich der Ohnmacht eisiger Todes¬ hauch über das Mädchen und senkte sich erkältend in ihre lebenswarme Brust. Noch einmal preßte der Hauptmann die Traute stürmisch an das Herz, legte sie dann sanft dem nahestehenden Vater an die Brust und schritt nun rasch mit der Wache nach dem Kahn, den die Flu߬ götter alsbald auf ihre Schultern nahmen, ihn ans andere Ufer zu tragen. 7 „Herr Oberst!“ schluchzte sie, unver¬ mögend, anders als in Absätzen zu sprechen, „Herr Oberst, schonet den Hauptmann!“ „Der also ist der Axel, der mir Euer Herz entfremdet?“ gab er, ohne seine Stellung zu verändern, mit erheuchelter Kälte zurück, während sein Auge in den Reizen schwelgte, die dem Begehrenden nie so entzückend schienen, als in diesem Augenblick. „Schonet — schonet sein!“ flehtesie wieder und warf sich, da jenerin dumpfem feindseligen Schweigen ihr gegenüberstand, vor ihm nieder und umfaßte seine Knie, wendete das tränende Auge in rührend bittendem Ausdruck zu ihm empor und rief wieder: „Schonet sein, schonet Euren Sohn!“ „Meinen Sohn!“ fuhr der Oberst plötzlich auf und sein Auge flammte. „Der Bastard nannte sich meinen Sohn?“ „Gott, was tat ich!“ jammerte Klara und bedeckte angstvoll das Gesicht mit den Händen. „Hauptmann Almanried ist nicht mein Sohn! Hört Ihr's wohl?“ sagte der Schwede jetzt, seine Wut mühsam bekämpfend, in ernstem -drohenden Tone zu Johannes und seiner Tochter: „So Ihr nicht meine vollste Rache fühlen wollt, so saget niemand, daß der Verräter Almanried sich meinen Sohn nannte!“ „Schonet den Hauptmann!“ bat jetzt auch Beyer, dem der unendliche Schmerz der Tochter das Vaterherz zerriß. „Sein Tod brächte auch das Mädchen in die Grube!“ „So kanntet Ihr des Mädchens Liebe zu dem Bastard, alter Kuppler, und habt sie begünstigt?“ nahm der Oberst wieder barsch das Wort. „Haltet Ihr so Euer mir gegebenes Wort?“ „Ich sagte der Tochter nichts von Eurem Antrag und leistete auch dem Hauptmann bei ihr keinen Vorschub! rechtfertigte sich der Vater. „Wollt Ihr gewähren?“ ging die

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