Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1911

64 rührte sich zwei= oder dreimal — da wie ein gewaltiger, nach Beute gieri¬ — jetzt bewegt er sich wieder!“ ieh ger Oger. „Ei,“ entgegnete Klaas mit einem So ward denn, der vereinigten Wut derben Fluche, „was geht das mich an? des Sturmes und der Wellen weichend, das Schiff auf das verborgene Felsen¬ Du verlangst doch nicht, ich soll ihn geschleudert. Als wäre es ein be¬ ganz wieder lebendig machen?“ riff „Ich möchte ihn, meiner Treu, lieber lebtes Wesen, schauerte es zusammen vollends tot machen“ bemerkte der bei dem heftigen Stoß, und stöhnte andere mit rohem Gelächter. „Aber, und ächzte, als seine mächtigen Glie¬ Klaas, der Mensch sieht aus wie ein der auseinander rissen. Zugleich drang Passagier. Der Koffer konnte ihm ge¬ ein scharfer, greller Angstschrei, der Todesschrei der beklagenswerten Mann¬ hören, und was dann? „Was schwatzest du da? schaft, deutlich hörbar durch das Tosen der Elemente, doch der eine Schrei „Ich meine, wenn der Bursch zu¬ fällig der Eigentümer des Koffers nur, denn in der nächsten Minute war wäre — es ist gar nicht unwahrschein¬ das Schiff mit Mannschaft und Ladung in dem tosenden Abgrund versunken. lich.“ „Beim Teufel, er ist's nicht", rief Ruhig, mitleidlos, ja höchst befriedigt Klaas, und schaute furchtsam auf den blickten die hartherzigen Strandräuber Schiffbrüchigen, der sich zusehends er¬ auf die schauerliche Szene, und erwar¬ holte und sich bemühte, nach den bei¬ teten die Beute, welche die Wogen den Männern sich umzuwenden. ihnen zuführen mußten. Unter den „Er hört uns zu, Klaas,“ flüsterte ersten ans Ufer treibenden Gegen¬ der andere, „er wird uns einen Strich ständen befand sich ein großer, wasser¬ dichter Koffer, den Klaas und einer durch die Rechnung machen; verlaß dich darauf. einer Gefährten für sich in Beschlag „Das soll er nicht!“ rief Klaas und nahmen, als besondere Beute. Andere ließ seine furchtbare Keule auf des Gegenstände folgten bald, und emsig Schiffbrüchigen Schädel fallen. Dann wie die Bienen im Frühling, waren trat er mit teuflischem Gelächter zu die Räuber darüber her. Eifrig, den dem nun leblosen Körper und wandte Wert ihres Schatzes zu kennen, brachen ihn mit dem Fuß um. Klaas und sein Gefährte Plenko den Koffer auf, und befriedigte Habsucht Der Mond trat eben hell hinter dem Gewölk hervor und seine Strahlen be¬ leuchtete aus ihren Augen, da sie zahl¬ schienen die Züge des Toten. Klaas reiche Pakete kostbarer Spitzen und betrachtete sie, und ein wilder, blut¬ reiche Juwelen daraus hervorzogen. erstarrender Schrei weckte in diesem Während sie über die schätzbare Beute gebückt am Boden kauerten und Augenblicke das Echo der öden Sand¬ über mein und dein feilschten, ward hügel. der Leichnam eines Mannes von den Sein Sohn war es, sein Walter, Wogen auf den Sand, ihnen fast vor die das einzige Wesen, das er geliebt! Ein Blick auf das bleiche Gesicht hatte Füße geworfen; sie aber ließen sich in ihrer Untersuchung nicht unterbrechen des grausamen Vaters Verstand auf immer von seinem Throne gestoßen und fühlten sich so wenig bekümmert durch die Nähe der Leiche, als wäre es und ihn zum hilflosen, elenden, zittern¬ die eines Hundes gewesen. den Wahnwitzigen gemacht. Plötzlich rief Klaas' Gefährte: „Ich Des gemordeten Weibes Fluch war Er in Erfüllung gegangen. glaube, Klaas, der Bursch lebt. 2

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