Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1909

überfallen und geplündert habe, und auf diese Vermutung hin gründete er seinen Plan. Als sie sich dem Orte an der Küste näherten, der als Schauplatz der Räuber bekannt war, traf der Kapitän seine Maßregeln und Blaas hatte wieder Ge¬ legenheit, die Klugheit und Umsicht des Deutschen anzuerkennen. Zwei Matrosen befanden sich noch außer Blendheim und Blaas auf dem Boot; um jedoch den Allambra zu täuschen und vollends sicher zu machen, durften sich nur immer zwei Personen an Bord zeigen, die anderen beiden mußten sich sorgfältig verborgen halten, bis an sie wieder die Reihe kam. Die wilde, einsame Gegend, die sie jetzt erreicht hatten, war freilich ganz ge¬ eignet um einen ungestörten Schauplatz für solche Verbrechen abzugeben. Der Riesenwald, welcher sich an der Küste hinzog, dehnte sich jetzt bis an das Ufer aus und in seinem düstern Schatten konnten sich die Räuber leicht verbergen. Während der Kapitän vorher auch in der Nacht weiter gefahren war, ließ er jetzt schon bei Einbruch der Dämmerung sein Boot etwas an die Küste treiben und dort befestigen. Ein riesenhafter Baum treckte die Aeste weit über den Fluß hinaus und gerade diese Stelle wurde zum Halteplatz gewählt. Zwischen Blendheim und Blaas war bereits alles verabredet. Man kam zu¬ nächst darin überein, nur im allergrößten Notfalle von der Schießwaffe Gebrauch zu machen, um die Räuber womöglich lebendig zu fangen; alsdann verteilte man sich in folgender Weise: Während die beiden Matrosen im unteren Raum des Bootes verschwinden mußten, blieb der Kapitän im oberen Teile des Schiffes zurück freilich so gut verborgen, daß ihn niemand sehen, er aber alles beobachten konnte. Blaas dagegen schwang sich au den dicht über ihnen hängenden Ast und kletterte dann auf letzterem etwas weiter rückwärts, um in der Nähe des Stam¬ mes Posto zu fassen. Das dichte Blätter¬ dach des Baumes mußte ihn vor jeder 23 Entdeckung schützen. — Ausdrücklich hatte es Blaas gewünscht, daß ihm Blendheim diese gefahrvolle Stellung bei diesem Unternehmen überlassen möchte Freilich wurde seine Geduld auf eine harte Probe gestellt, denn Stunde auf Stunde verrann und noch immer nicht wollte sich etwas Verdächtiges zeigen. Die Sichel des Mondes tauchte bereits am Waldessaum auf und verbreitete über die düstere, unheimliche Gegend ein blasses, falbes Licht, das alles noch un¬ heimlicher erscheinen ließ. Da kam plötz¬ lich, geräuschlos durch die Flut ein Kahn geglitten und fuhr dicht an dem Boot vorbei. Er hielt sogar einen Augenblick dann erst stieß er ans Land. Nur ein einziger Mensch hatte sich in dem kleinen Kahn gezeigt; aber seltsam genug, bald darauf stiegen, wie Blaas deutlich be¬ merken konnte, drei Gestalten aus dem Fahrzeug und verschwanden am Ufer. Das Herz des Amerikaners begann nun doch stürmischer zu klopfen, denn ein verabredetes lautes Zischen Blendheims bewies ihm, daß der Kapitän jetzt die Entscheidung erwarte. Eine Viertelstunde verging und alles blieb noch still. Da hörte Blaas ein dumpfes Geräusch unter sich. — Hatten die Räuber seinen Schlupfwinkel ent¬ deckt und wollten sie ihn vorher unschäd¬ lich machen? Blaas hielt seinen Revolver schußfertig, um wenigstens sein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen. Bald darauf sah er zwei dunkle Ge¬ stalten aus dem Schatten des Baumes hervortreten und die eine davon warf sich sogleich ins Wasser und schwamm geräuschlos dicht an das Boot heran. Hier schien sie einige Augenblicke zu lauschen dann schwang sie sich leise auf das Fahrzeug, lauschte noch einmal, rich¬ tete sich in die Höhe und winkte ihrem am Ufer zurückgebliebenen Gefährten, der sich hinter Gesträuch verborgen hatte nun aber augenblicklich hervorkam und ebenfalls zum Boote schwamm. Bald — tand er neben seinem Kameraden. Zu gleicher Zeit löste sich wieder in einiger Entfernung der kleine Kahn vom

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