Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1909

22 bindung zu setzen, von allen Seiten wurde er mit Fragen bestürmt, wie er sein keckes Wort erfüllen werde? Auf die vielen Offerten, welche Blend¬ heim gemacht wurden, erklärte er ruhig — daß er vorläufig nur funftausend Dol¬ lars brauche. Ehe man sich's versah, war die Summe beisammen und die Herren ver¬ pflichteten sich, mit dem Kapitän ihren Gewinn zu teilen, wenn er ihnenzum Sieg verhelfe. Der Ehrgeiz, über die Gegner zu triumphieren, behieltdie Oberhand und dagegen verschwand vor¬ läufig der etwaige Geldgewinn. Die Sache war rasch geordnet; der junge Kapitän nahm die Anerbietungen ohneweiters an und er zeigte eine solche Sicherheit, daß selbst die Zweifelmütig¬ sten mit fortgerissen wurden und ein junger Kaufmann sich anbot, die gefähr¬ liche Fahrt mitzumachen. Blendheims kluge, scharfe Augen ruhten eine Sekunde prüfend auf dem jungen Mann, dann sagte er mit großer Offenheit: „Sie gefallen mir, ich nehme Ihr Anerbieten an. Mr. Rintel rief zwar warnend: „Lieber Blaas, das ist keine Spazier¬ fahrt, bleiben Sie fort!“ aber der junge Herr lachte nur zu dieser Abmahnung und wandte sich wieder zu Blendheim mit der Frage: „Wann fahren Sie zurück?“ „Nächsten Freitag früh um acht Uhr. „Ich werde zur Stelle sein“ war die Antwort und die jungen Männer schüt¬ telten sich die Hände. Blendheim wandte die kurze Rastzeit, welche er im Hafen verbringen wollte dazu an, um die umsichtigsten Vorbe¬ reitungen für den Fang zu treffen. Er ließ unter anderm die erste Kajüte in¬ wendig mit Eisenblech ausschlagen und das Fenster mit starken Eisenstäben ver¬ gittern, da er doch nicht wußte, unter welchen Verhältnissen er des Schurken habhaft werden konnte. Zur bestimmten Stunde am Tage der Abfahrt fand sich Blaas ein, obwohl alle seine Freunde dem jungen, reichen Manne die lebhaftesten Vorstellungen gemacht hatten nicht so leichtsinnig sein Leben aufs Spiel zu setzen, denn der deutsche Kapitän sei ein Prahlhans und er werde mit ihm elend zugrunde gehen. Aber die Abenteuerlust war zu mächtig in dem jungen Blaas erwacht, und er blieb daher bei seinem Entschlusse. Punkt acht Uhr begann die verhäng¬ nisvolle Fahrt und Blaas hatte Gelegen¬ heit genug, die ruhige Umsicht Blend¬ heims kennen und schätzen zu lernen und sein Vertrauen wuchs immer mehr, je länger er mit ihm zusammen war. Es hatte fast den Anschein, als kenne Blendheim den Schlaf nicht; Tag und Nacht blieb er auf Deck und beobachtete mit scharfen Augen jede leifeste Be¬ wegung auf dem Meere. Nur des Mor¬ gens gönnte er sich einige Stunden Ruhe Blaas sah sich fast enttäuscht, denn der Allambra wollte sich nicht sehen lassen. „Unsere Wette wird verloren sein“ klagte er am Ende der Fahrt. Der Kapitän sagte trocken: „Nur Geduld. Der Allambra weiß recht gut, daß wir hinau leer kommen, auf dem Rückwege werden wir schon seine Bekanntschaft machen.“ „Haben Sie Hoffnung, ihn lebendig zu fangen?“ fragte Blaas. Blendheim lächelte: „Wollen 's wenig¬ stens versuchen. Jedenfalls hab' ich nichts weiter zu verlieren als das Leben, wenn es schief geht.“ „Sie haben recht,“ rief der junge Mann lachend; „den guten Rintel wer¬ den dann die zehntausend Dollars mehr schmerzen, als uns ein Gnadenstoß des Allambra.“ Denn Blaas stellte sich schon im Geist die traurige Miene vor, wenn der Alte wirklich die zehntausend Dollars opfern müsse. „Hoffen doch, unsere Wette nicht so leicht zu verlieren“ entgegnete der Ka¬ pitän, in das übermütige Lachen des andern lustig einstimmend. Des Nachts ziehen es gewöhnlich die " — Schiffer vor, unmittelbar am Ufer irgendwo vor Anker zu gehen. Blendheim war überzeugt, daß der Allambra nur vermöge dieser Umstände und mitten in der Nacht die Fahrzeuge

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