Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1908

108 „Ach, was, du“, zuckte der Bauer delte dessen Schaffenskraft in geringschätzend die Achseln, denn er mochte stumme Ergebenheit und Gleich¬ den Greis für einen Bettler halten, „dir gültigkeit für alle Dinge hier kann es gleichgültig sein, du hast nichts, auf Erden! aber warum soll ich schaffen, arbeiten, Und Gott der Herr, voll Erbarmen mich plagen, sparen und Ordnung halten über seines Ebenbildes tiefen Jammer in meinem Heim? Was ich beginne wird und dem Menschen immer wohl gesinnt nicht mehr fertig und was fertig ist, in väterlicher Gnade, vergab neuerlich kann ich nicht mehr genießen mich die Undankbarkeit seiner Geschöpfe und verdrießt alles, die kurze Spanne öffnete wieder den Born seiner unerschöpf¬ Zeit, die mir noch zu leben gegönnt ist, und lichen Güte und er sprach: meine Schaffensfreudigkeit ist dahin! Mag „Sterblich habe ich die Menschen zur alles sein wie es will, gut oder schlecht, Strafe umgeschaffen und im Schweiße mir kann es gleich sein!“ seines Angesichtes soll sich der Mensch Und mit einem tiefen Seufzer wandte sein Brot verdienen — damit ihn aber sich der Bauer ab und ging in sein Haus, der Gedanke an das Ende seines Erden¬ denn man rief ihn zum Abendessen, und wallens nicht daran hindert, zu schaffen der Greis hörte ihn noch laut zu sich und zu genießen, was ihm die Erde beut agen: die ich ihm zum Wandeln durch die Probe¬ „Hat auch keinen Zweck mehr für zeit bestimmt, soll er von nun an wohl mich, das Essen — ist ja doch bald alles wissen, daß er sterben muß, nicht mehr aus und gar mit mir! aber wann — er nütze diese meine Der Greis aber sah ihm sinnend nach neuerliche Gnade, auf daß es ihm wohl¬ und stieg dann wieder abwärts in das ergehe hier auf Erden!“ Tal. Als er so weit vom Hause weg war, Und siehe da, als es wieder Tag daß niemand ihn mehr sehen konnte, ging ward auf dem Erdenrund, ertönten jauch¬ mit seiner Gestalt eine merkwürdige Ver¬ zend frohe Lieder in die lauen Lüfte, änderung vor. Das Irdische verschwand Millionen Lippen betender Menschen vollständig aus derselben, lichtvoll und sandten Bitten um das Gedeihen ihrer durchsichtig wurden die eben noch mensch¬ Arbeit auf zum Himmel, tausend und lich=körperlichen Formen, himmlisch ver¬ abertausend geschickter Hände regten sich geistigt das furchige Antlitz und umflossen im fleißigen Schaffen, und Handel und vom Lichte des Himmels schwebte die Gewerbe, Kunst und Wissenschaft erblühten ehrfurchtgebietende, anbetungswürdige Ge¬ neben dem Ackerbau und der Jagd, die stalt Gott des Vaters durch die auf¬ fast allein es waren, welche den ver¬ steigenden Nebel hernieder in das Tal, grämten Menschen bisher das Dasein flog von Ort zu Ort, von Anwesen zu fristen geholfen hatten. Anwesen, über Weiler, Dörfer, Märkte Und als nun Gott der Herr nach und Städte, seines Ebenbildes, des Men¬ einiger Zeit wieder über die Erde prüfend schen, Wirken, dessen Tun und Lassen mit und forschend dahinschwebte und sah, wie alldurchforschendem Blicke prüfend, und fleißig und fürsorglich die Menschen siehe, überall fand Gott der Herr das schafften und wie heimisch sie jetzt waren Bild, das sich seinen allumfassenden auf dem ihnen durch seine Güte ange¬ Blicken droben, hoch auf der Berges¬ wiesenen Platze im Weltenraum, seit sie höhe bei dem einfachen Bauer entrollt ihr Ende nicht mehr vorher wußten, sprach hatte der Herr befriedigt: Ueberall lähmte das Wissen, „Es ist gut so, daß die Men¬ wann er sterben werde die Tat¬ schen nicht wissen, wann siester¬ kraft des Menschen und verwan¬ ben müssen!“

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